Seefeld:Beschwingtes Sommer-Feeling

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Entspannt im Schlosshof: die Musiker des All Time Jazztets. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Beim Frühschoppen erhebt das All Time Jazztet nicht den Anspruch, immer im Mittelpunkt zu stehen

Von Reinhard Palmer, Seefeld

Er ist eine schöne Tradition, zumal heute nicht unbedingt an Alkoholkonsum gebunden. Der üblicherweise sonntägliche Frühschoppen mit Musik war bis vor wenigen Jahren aus der Mode gekommen, kehrt aber sukzessive in vielerlei Varianten zurück. Auch ins Angebot der Wirtshäuser auf dem Land, die zumindest im Fünfseenland längst vom Weißwurstfrühstück mit Breze und Weißbier zugunsten einer größeren Auswahl an Spezialitäten abgerückt sind. Der Frühschoppen hat gerade im Freien einen besonderen Reiz. Diesmal klappte es mit dem sonntäglichen Jazz-Frühschoppen des Bräustüberls vom Schloss Seefeld im stimmungsvollen Schlossvorhof perfekt. Bei sommerlichen Temperaturen war also den meist sonnengebräunten Rückkehren kurz vor Ferienende noch einmal reinstes Urlaubs-Feeling geboten.

Die Atmosphäre bei Frühschoppen am Sonntag profitiert schon deutlich von der guten Laune und Entspanntheit sowohl des Wirtshauspersonals wie der Besucher, die zum Teil hier per Fahrrad den Berg erklommen haben. Das liegt auch schon daran, dass dabei keine feste Uhrzeit eingehalten werden muss, sodass sich der Biergarten sukzessive und ohne Stress für die Bedienung füllte. Einen wesentlichen Anteil am vergnüglichen Sommerflair hatte die Musik, die traditionsgemäß nicht den Anspruch erhob, im Mittelpunkt zu stehen.

Dennoch schenkte das Publikum dem All Time Jazztet besonders viel Aufmerksamkeit. Das lag sicher daran, dass es heute nicht mehr viele Möglichkeiten gibt, eine Combo in der Besetzung des Traditional Jazz mit dem Repertoire der Zwanziger- bis Fünfzigerjahre zu hören. Grund genug, dass sich vor allem viele Zuhörer der Münchner Allotria-Generation nach Seefeld angelockt fühlten. Aber auch reichlich jüngere Besucher gaben hier zu verstehen, dass der gute alte Jazzfrühschoppen auch künftig sein Publikum finden wird.

Das war in Seefeld eine echte Liebhabergeschichte auf beiden Seiten. Die Band besteht aus Amateuren ausschließlich im ursprünglichen Sinne des Wortes. Denn ansonsten beherrschen die fünf Musiker ihre Instrumente durchaus professionell. Helmuth Hauck (Trompete und Flügelhorn), Manfred von Ingersleben (Posaune und Ventilposaune), Walter Köglmayr (Gitarre), Günther Wagner (Bass) und Rolf Häusele (Schlagzeug) kommen aus verschiedenen Orten südlich von München, vom Wörthsee bis zum Staffelsee, und haben reichhaltige Erfahrungen in Bigbands, Dixieland- und Swing-Formationen vorzuweisen. Dieses vielfältige Können war hier deutlich zu hören. Gemeint ist hier nicht die spieltechnische Gewandtheit, sondern vor allem auch das Gespür für die einzelnen Jazzklassiker aus der Feder der Großen der Swing- und Nachswing-Ära wie George Gershwin, Chet Baker, Herbie Hancock, Count Basie, Thelonious Monk oder Kenny Dorham.

Ein Aspekt, der hier insofern von Bedeutung war, weil das Repertoire stilistisch diverse musikalische Genres streifte und gerade aufgrund der feinsinnigen Färbungen besondere Reize entwickelte, zumal die fünf Musiker es verstanden, sich mit Fingerspitzengefühl besonderer Effekte zu bedienen. Etwa in "Low life" von Basie, in deren Balladenruhe ein scharf geschnittenes Trompetensolo hineinfuhr, oder sich aus dem kraftvollen "Blue Bossa" die Rhythmusgruppe in den Vordergrund schob, um auch dem Schmetterblech eine mitreißende Unterlage mit packendem Drive zu bieten. Die klangliche Balance fiel immer wieder besonders auf, vor allem in den warmtonigen Balladen mit den obligatorischen Besenwischern am Schlagzeug mit weltberühmten Titeln wie "Georgia on my mind", oder kurios mit Bläser-Dämpfern koloriert in "Bye bye black bird". Eine immer wieder erfrischende Nuance boten Songs mit Funk-Elementen, die meist an der Gitarre deutlich zur Geltung gelangten, darunter der wunderbare Hancock-Standard "Watermelon Man". Alles in allem ein wohltuender Sonntagmorgen, der reichlich beschwingte Leichtigkeit für den Sonntag mitgab.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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