Mitten in Starnberg:Die Wilde 13 und andere Irrtümer

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Wie viele waren es genau, wer hat was gezählt? Seit der ersten Montags-Demo mitten in Starnberg wird bei allem Spaß sehr ernsthaft darüber gerätselt, wieviele Bürger tatsächlich für den Tunnel auf die Straße gegangen sind

Von Gerhard Summer

Der allseits geschätzte Postillon, bekannt für lachhaft ernste Nachrichten im Netz, meldete vor kurzem eine kleine Sensation: Ein Autofahrer bemerkte auf der A3 nahe Düsseldorf zwischen zwei Lastwagen eine bisher unentdeckte Fahrbahn direkt neben der Mittelspur. Unglaublich! Wie das kam? Der Mann fuhr ungewöhnlich langsam, nämlich mit nur 105 Stundenkilometern, und konnte deshalb gefahrlos nach rechts schauen. Ja, es sind die Zufälle und Irrtümer, die das Leben reicher machen. Ohne sie gäbe es kein Amerika, kein Penicillin, kein Viagra und keine Wilde 13, die nur aus zwölf Piraten und dem aus ihrer Mitte gewählten Anführer bestand. Womöglich wäre noch nicht einmal die Radioaktivität durch Becquerel entdeckt. Und was wäre mit der großen Tunnel-Fehde in Starnberg, wenn es nicht so etwas wie ein Grundrecht des Starnbergers auf Täuschung und Trugschluss gäbe? Vielleicht lägen sich dann alle friedlich in den Armen, was natürlich auch irgendwie grauenhaft wäre.

Am Montag gab es eine eindrucksvolle Kundgebung in der Stadt. In erster Linie ging es um saubere Luft, außerdem um den B2-Tunnel, in dem der Autofahrer wahrscheinlich noch nicht mal Tempo 105 erreichen wird, so dieses Bauwerk denn jemals Realität werden sollte. Und seitdem streiten die Kommunalpolitiker darüber, wie viele Leute bei dieser Kundgebung dabei waren. Die Polizei sagt: 200. Die CSU, einer der Mitveranstalter: 270 plus X, wobei X in diesem Falle 8 ist. Die Wählergemeinschaft pro Starnberg (WPS), die gegen den Tunnel kämpft: 172 oder 178. In den Zeitungen stand: 350 beziehungsweise fast 400. Und wenn man Michael Ende, den Erfinder von Jim Knopf, Lukas dem Lokomotivführer und der Wilden 13, noch fragen könnte, würde er womöglich antworten: eine der genannten Zahlen plus oder minus die eigene Betroffenheit.

Wer also hat Recht? Im Zweifelsfall natürlich die Polizei und die WPS. Denn mit der Polizei soll man es sich nie verscherzen, und die WPS duldet generell keinen Widerspruch. Letztlich gilt also: Diese Demo war ein einziger großer Schmarrn und allenfalls von kümmerlichen 172 Leuten besucht. Der Postillon sagt dazu: "Wissenschaftlich erwiesen: Alles Vollidioten außer Ihnen."

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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