Mitten in Starnberg:In ständiger Gefahr

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Gefahren allerorten - nicht nur im Herbst. In und um Starnberg kann man es ganz schön mit der "German Angst" zu tun bekommen.

Von Armin Greune

Mit Sicherheit leben wir in einer sichersten Regionen der Welt. Niedrige Kriminalität, hohe soziale Standards, keine risikoreichen Industrieanlagen und so gut wie keine Naturkatastrophen - sieht man mal von im Zehnjahresturnus wiederkehrenden hundertjährigen Hochwassern oder örtlichen Hagelschlägen ab. Von Vulkanen, Erdbeben, Tsunamis bleibt das Fünfseenland ebenso verschont wie von Zyklonen, Taifunen oder Hurrikans. Mit Ausnahme vereinzelter Kreiselexperimente des Staatlichen Bauamts werden unsere Straßen immer sicherer und auch gefährliche Tiere gibt es eigentlich schon länger nicht mehr.

Paradoxerweise aber wächst unser Sicherheitsbedürfnis um so stärker, je mehr Risiken des Lebens wir in den Griff bekommen. Obwohl die Zahl tödlicher Fahrradunfälle seit 1970 auf weniger als ein Viertel gesunken ist, trauen sich immer weniger Leute ohne Helm aufs Radl.

International ist dieses Phänomen als "German Angst" bekannt. Wer sich einmal in gefährlicheren Gegenden der Welt aufhält, stellt tatsächlich fest, dass die Menschen den dort unvermeidlichen Lebensgefahren viel gelassener begegnen. Ein Indonesier etwa muss stets mit tektonischen Gewaltakten und Tropenstürmen rechnen. In den Städten ist er Smog, chaotischem Verkehr und abenteuerlichen Fahrzeugen ausgesetzt. Auf dem Land hat er es mit Kobras und Malariamücken zu tun - während wir uns vor Biber und Fuchsbandwurm fürchten. Ähnlich sieht es mit den Baumfrüchten aus: In den Tropen sterben angeblich 150 Menschen jährlich durch zu Boden fallende Kokosnüsse. Wir aber zittern schon vor kleinen Geschossen: "Achtung Kastanien!" heißt es in Starnberg am nördlichen Ende der Maximilianstraße in unübersehbaren roten Lettern auf einem Warnschild. Macht sich da jemand Sorgen um die Gesundheit seiner Besucher? Oh nein, hier geht es um bleibende Werte: "Parken auf eigene Gefahr" steht darunter. Könnte ja sein, dass eine Nobelkarosse eine Delle abkriegt und einem klagefreudigen Juristen gehört. Das wäre wirklich schlimm.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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