Mitten in Starnberg:Im Rausch der Ratlosigkeit

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Wie die Grünen über Drogen, Abhängigkeiten und Verbote diskutieren

Von Peter Haacke

Seit Anbeginn der Geschichte wähnt sich der Homo sapiens stets dann dem irdischen Dasein aufs Wohligste entrückt, sobald er sich in einen rauschhaften Zustand versetzt. Alle Kulturkreise der Menschheit kennen wundersame Pflanzen und Drogen, die das Bewusstsein auf andere Ebenen bringen - oft genug mit fatalen Folgen. Dabei ist das "Recht auf Rausch" zumindest in der westlichen Hemisphäre zumeist auf den Konsum von Alkohol und Pharmaka beschränkt - was oft genug nicht weniger fatal ist. Ansonsten aber gilt: Drogen und Betäubungsmittel sind illegal und schädlich, machen krank und kriminell.

Jüngst haben die Starnberger Grünen den Versuch unternommen, eine ernsthafte Diskussion zum Thema "Drogenpolitik" anzuleiern. Dazu hatten sie Matthias Ernst, den Sprecher der "Grünen Jugend Bayern" eingeladen. Doch soviel sei vorweggenommen: Die Debatte um Konsum, Abhängigkeit, Kriminalisierung, Prohibition, Prävention, Repression, Macht, Geld und soziale Folgen drehte sich schon bald im großen Kreis - quasi der Teufelskreis der Drogenpolitik. Die Reise des Referenten durch die Welt des Rausches führte nach Portugal und in die Niederlande; das Thema wurde bereichert durch Koka-Bauern in Mexiko, Mohnanbau in Afghanistan, den Opiumkrieg in China, Chrystal-Meth-Küchen in Tschechien, Junkies in Frankfurt und die Jagd auf Bayerns Kiffer. Heroin, Kokain, Amphetamin, Metamphetamin, Extasy, Marihuana, Cannabis, Haschisch, Crack, Speed, LSD, Poppers, Angel Dust, Prozac, Pervitin, Morphium, Mescalin, Stechapfel, Fliegenpilz und Engelstrompete - es gibt unzählige Möglichkeiten, sich das Hirn wegzuballern. Während die einen nun forderten, alle Betäubungsmittel freizugeben, rieten andere zur limitierten Abgabe oder Freigabe von Cannabis, um wenigstens der Drogen-Mafia den Boden zu entziehen und Konsumenten nicht länger zu kriminalisieren. Zwar tragen auch Pharma-Industrie, Bier- und Schnapshersteller ihr Scherflein zur Suchtproblematik bei, dürfen sich aber auf der "sicheren" Seite des Gesetzes fühlen. In der Diskussion aber landete schließlich alles in einem Topf - und hinterließ somit nur einen kollektiven Rausch der Ratlosigkeit.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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