Mitten im Schutzgebiet:Von Fröschen und Fischen

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Beim Naturschutz ist Geduld gefragt - nicht nur vom Menschen

Kolumne von Astrid Becker

Wer die Natur schützen will, braucht Geduld. Mindestens so viel wie diejenigen, die geschützt werden sollen. Zum Beispiel der Springfrosch: Dieses braune Fröschlein gilt gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie europaweit als geschützt. Bundesweit sogar als "streng geschützt". Er darf weder gefangen, noch verletzt oder gar getötet werden. Außerdem ist es verboten, den kleinen Frosch zu beunruhigen. Etwa durch einen neugierigen Menschen, der mal sehen will, wie so ein Frosch-Zuhause aussieht. Das ist ja insoweit in Ordnung. Doch am Ammersee ist mal wieder alles anders. Denn im dortigen Flora-Fauna-Habitat "Ammerseeufer und Leitenwälder" zollt man der kleinen Amphibie keinerlei Aufmerksamkeit. Wenn man so will, gibt es den Springfrosch dort gar nicht. Obwohl es ihn gibt - und zwar zuhauf.

Aber warum soll es dem Springfrosch besser ergehen als dem ebenfalls geschützten Schied? Die meisten Menschen wissen wahrscheinlich nicht mal, dass ein Tier mit diesem Namen existiert. Mit Ausnahme der Fischer. Die wissen das. Denn der Schied ist der Rapfen, und wer das nicht versteht, sollte mal an die Renke denken. Die heißt auch nur hier so. Am Bodensee ist sie das Felchen. Wieder andere nennen sie Maräne oder gar Schnäpel. In Bayern gilt sie jedenfalls als Brotfisch der Fischer - woraus man folgern könnte, dass es sie noch genug gibt. Was für ein Gerücht! Am Starnberger See waren die Schnäpel in diesem Jahr Mangelware. Und am Ammersee leiden sie schon seit langem an Wachstumsstörungen.

Aber wen interessiert das. Die Renke schmeckt schließlich gut. Der Schied nicht - der hat zu viele Gräten. Aber das weiß halt auch kaum jemand. Nur die Fischer. Deshalb sind sie jetzt Naturschützer geworden. Und zwar im Flora-Fauna-Habitat "Ammerseeufer und Leitenwälder". Weil dort alles mögliche geschützt werden soll, nur keine Fische. Das wollen die Fischer nun korrigiert wissen. So weit, so gut. Ob aber überhaupt noch was geändert werden kann, wird sich zeigen. Deshalb müssen sich jetzt alle in Geduld üben. Mensch wie Schied. Vom Springfrosch mal ganz zu schweigen.

© SZ vom 19.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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