Illegale Giftmüll-Entsorgung:Urteil im Technosan-Prozess Ende Mai erwartet

Lesezeit: 2 min

Laut Anklage hat die Firma aus Krailling einen Millionenschaden verursacht

Von Christian Deussing, Krailling/München

Nach einem Jahr und 45 Verhandlungstagen nähert sich der Betrugsprozess gegen den Chef der Kraillinger Firma Technosan, Alexander C., und drei Mitangeklagte wegen illegaler Entsorgung von Giftmüll dem Finale. Die letzte Zeugin, eine Geoökologin, ist am Montag vor dem Landgericht München II vernommen worden. Die Plädoyers werden voraussichtlich am 18. Mai gehalten, mit dem Urteil ist vier Tage später zu rechnen. Dieser Zeitplan zeichnet sich jetzt ab, wenn nicht noch in letzter Minute in dem Mammut-Verfahren Beweisanträge gestellt werden. Zum Beispiel vom Staatsanwalt, weil ein 5000 Kubikmeter großes Haufwerk im Winter auf dem Gelände des Technosan-Verwertungsgeländes in Neuötting noch nicht näher untersucht worden war.

In dieser Ablagerung könnten sich hochbelastete Schlammteiche befinden, dies vermutet jedenfalls ein Gutachter, der 24 Materialhaufen auf dem Areal als "hochbelastet" einstuft. Die 5. Strafkammer hat aber ansonsten im Prozess genau die Abläufe und Entsorgungstechnik von Technosan geprüft, um herauszufinden: In welchem Umfang wurden die Auftraggeber wie Bahn AG, Wohnungsbaugesellschaften oder Stadtwerke Augsburg getäuscht, so wie es die Anklage auflistet. Insgesamt geht die Staatsanwaltschaft von einem 222-fachen Betrug aus, bei dem Gleisschotter, Bauschutt, Schlacke und verseuchtes Erdreich nicht ordnungsgemäß entsorgt worden sein sollen. Es handele sich um 435 000 Tonnen und ein Betrugsschaden von knapp 13 Millionen Euro, lautete der Vorwurf zum Auftakt des Prozesses am 30. April 2014.

Die zertifizierte Recycling-Firma aus Krailling , die einst als Vorzeige-Unternehmen in der Branche galt, aber mittlerweile nicht mehr existiert, hatte offensiv mit ihrer vakuum-thermischen Behandlungsanlage geworben und somit offenbar viele lukrative Aufträge aus der Industrie an Land gezogen. Allerdings: Die Anlage war häufig defekt und konnte nicht eingesetzt werden. Laut Anklage wurde dennoch zu weit überhöhten Preisen abgerechnet und abkassiert. Zudem sollen die Bandwaage, Bilanzen und Proben manipuliert worden sein.

Im Laufe des Prozesses wunderte sich der Vorsitzende Richter Rupert Heindl über die offenkundig laxen Kontrollen und Messungen der Aufsichtsbehörden. Überdies gaben manche Behörden-Mitarbeiter als Zeugen keine gute Figur ab. Deshalb stellte Markus Figgen, einer der Verteidiger von Alexander C., schon einmal die zugespitzte Frage, ob man hier vielleicht "blöd, blind oder bestochen" sei?

Das Gericht hat nun auch zu entscheiden, in wie weit die offenbar betrügerischen Giftmüll-Geschäfte als "gefährlich und umweltgefährdend" zu bewerten sind. In dem langen und komplizierten Verfahren, bei dem fast 100 Zeugen gehört worden sind, geben sich die Richter viel Mühe, ein wasserdichtes Urteil zu fällen. Das hingegen ist bei dieser umfangreichen Materie nicht einfach - und die Verteidiger wissen das.

Allerdings dürften die Anwälte unterschiedliche Plädoyers halten. Denn nach bisherigen Erkenntnissen hat wohl Inhaber Alexander C. bei den Machenschaften die Regie geführt. Die Mitangeklagten der Firma beteuerten bislang, nur nach Anweisungen ihres Chefs gehandelt zu haben, der sie unter Druck gesetzt habe. Zum Beispiel, noch mehr Material anzunehmen, ohne diese Mengen noch fachgerecht behandeln zu können.

© SZ vom 05.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: