Kommentar:Sieg der Vernunft

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Das Mückenbekämpfungsmittel BTI steht in Verdacht, auch harmlose Zweiflügler-Arten zu töten

Von Armin Greune

Am Ende hat die Vernunft über den Populismus gesiegt: Herrsching wird sich nicht an den Kartierungen zur umstrittenen Bekämpfung der sogenannten Mückenplage am Ammersee beteiligen. Die Initiatoren von "Mückenplage - Nein danke!" um den Schondorfer Gemeinderat Rainer Jünger hatten heuer freilich auch ein denkbar schlechtes Timing: Seit dem Sommer verging kaum ein Tag, an dem die Medien nicht über das große Insektensterben berichteten, zu dem auch das von der Initiative propagierte BTI beitragen könnte. Denn dieses Mittel steht im Verdacht, nicht nur Stech-, sondern auch harmlose andere Zweiflügler-Arten zu töten.

Überdies gab es heuer am Ammersee gar keine großen Schwärme der Plagegeister. Die publizistische Arbeit der Initiative scheint geradezu eine abschreckende Wirkung auf die Mückenpopulationen gehabt zu haben; sicher aber haben bundesweite Medienberichte über die Blutsauger Gäste vom Urlaub am Ammersee abgeschreckt, wie die örtlichen Tourismusbüros feststellen mussten.

Dass Stechmücken auch bei Bürgern des Fünfseenlandes ebenso unbeliebt sind wie Zecken oder Nacktschnecken ist klar und findet auch in der großen Zahl zustimmender E-Mails an die Initiative Ausdruck. Dennoch kann es nicht Aufgabe der Politik sein, Wählern unliebsame Aspekte des natürlichen Lebensumfelds vom Leib zu halten. Im Fall der Stechmückenbekämpfung am Ammersee käme ein großflächiger BTI-Einsatz aus der Luft, wie er am Chiemsee zuletzt 2015 für etwa 160 000 Euro erfolgte, wegen der Kleinräumigkeit des Terrains ohnehin nie in Frage. Allenfalls hätte man nach aufwendigen Fachgutachten BTI von Hand an bestimmten Pfützen ausbringen dürfen. Damit könnte man aber den Überschwemmungsmücken zu Leibe rücken und nicht den verbreiteten Hausmücken. Wer sich also gegen Stiche schützen will, sollte zunächst vor der eigenen Haustür kehren. Und ehe er im Garten zum ökologisch bedenklichen BTI greift, empfiehlt es sich, Wasser aus potenziellen Bruträumen am Haus zu leeren. Oder natürliche Feinde der Mücken zu fördern wie die Schondorfer Gruppe "Ammerseemücken" mit Nisthilfen für Schwalben und Fledermäuse.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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