Kommentar:Politisches Trauerspiel

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Wer hoffte, dass das politische Klima im Starnberger Stadtrat nach den Neuwahlen besser werde, der wurde am Montagabend enttäuscht.

Von Peter Haacke

Großes Theater hatten die knapp 50 Zuhörer am Montag bei der jüngsten Aufführung des Starnberger Stadtrates erwartet, am Ende herrschte weitgehend Ernüchterung: Trotz Überlänge mit viereinhalb Stunden Sitzungsdauer und großer Mühen einiger weniger Protagonisten, der Veranstaltung gewissen Pepp einzuhauchen, geriet die Sitzung zu einem quälend zerfahrenen Stück Starnberger Kommunalpolitik, das zum wiederholten Mal bestenfalls die Zerrissenheit und die Abgründe im Gremium offenbarte.

Unter Leitung von Intendantin Eva John, die als Bürgermeisterin das Drehbuch für die jüngste Inszenierung geliefert hatte, ging im Stadtrat ein holpriges und inhaltlich völlig überfrachtetes Stück über die Bühne, in dem sich ein paar Solisten in den Vordergrund spielten. Die Hauptrolle herausgepickt hatte sich der WPS-Chef: Als "böser Bube" des Stadtrats brillierte einmal mehr Günther Picker mit wortgewaltigen Rundumschlägen gegen politische Konkurrenz, Stadtbaumeister, Mitarbeiter der Verwaltung, Kommunale Rechtsaufsicht oder Presse. Assistiert von Angelika Kammerl, die in der Rolle der Ungeliebten endlich ihren ersehnten Referenten-Posten für Stadtplanung ergatterte, brachte Picker - quasi als Höhepunkt seines Auftritts - Aspekte zu Stilfragen und Gesprächskultur in die Debatte ein.

Dagegen blieben die übrigen Darsteller doch recht blass: Stefan Frey (CSU) mühte sich zwar rechtschaffen, Licht ins Dunkel der Stadtverwaltung zu bringen, strapazierte aber zusehends die Geduld. Die Grünen zeigten sich schlecht vorbereitet beim Thema Fracking und scheiterten - ebenso wie die SPD - mit diversen Anträgen an der Allianz aus WPS, BMS, BLS und FDP: Die Statisten demonstrierten Linientreue und ließen keinerlei Zweifel daran aufkommen, wer von jetzt an das Sagen im politischen Diskurs der Stadt hat. Von den Neulingen gefielen bestenfalls noch Patrick Janik (UWG) sowie Annette von Czettritz (Grüne), die angesichts eines denkwürdigen Prozedere bei der Vergabe der Referentenposten überaus richtig bemerkte: "Ich habe das Gefühl, dass wir hier einfach unerwünscht sind." Irgendwann reichte es dann auch den erfahrenen Kräften: Die Kreisräte Martina Neubauer (Grüne) und Jürgen Busse (UWG) etwa verließen vorzeitig, aber höchst frustriert den Ort des Geschehens, während vor allem die WPS-Fraktion sich bei diesem politischen Trauerspiel ungeniert im Gefühl der Macht suhlte.

Fraglich ist, ob der Stadtrat die Kreisstadt unter diesen Voraussetzungen bei der Bewältigung ihrer großen Aufgaben entscheidend voranbringen kann. Auf der Strecke geblieben ist bereits - da sind sich die meisten Beobachter einig - die politische Kultur in der Debatte. Starnberg stehen schwere Jahre bevor.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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