Kandidatin für den Tassilo-Preis:Mit Geige und Äskulapschlange

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Kritische Kulturmanagerin: Brigitte Altenberger in ihrem Wohnzimmer mit Flyern von Konzerten, die sie möglich gemacht hat. (Foto: Nila Thiel)

Die Ärztin und Gemeinderätin Brigitte Altenberger organisiert seit einem Vierteljahrhundert hochrangige Klassikkonzerte für die Volkshochschule Herrsching und den Seefelder Kulturverein

Von Patrizia Steipe, Seefeld

Ein von einer Äskulapschlange umwundener Stab ist das Symbol des ärztlichen Berufsstands. Bei Brigitte Altenberger ist das Zeichen auf ihrer Homepage umgewandelt. Bei ihr ringelt sich die Schlange um eine Violine. Musik und Medizin bestimmen seit Jahrzehnten das Leben der Seefelderin. Das spiegelt sich in vielen Facetten ihres Lebens wieder. Sei es der Flügel im Wohnzimmer, die Geige an der Wand und unweit davon der lederne Arztkoffer, den die Ärztin im Ruhestand nur schnell greifen muss, wenn ihre Hilfe beispielsweise im Flüchtlingsdorf gebraucht wird. Altenberger holt nämlich nicht nur seit Jahren klassische Konzerte an den Ammersee und an den Pilsensee, sie ist auch Gemeinderätin und Gründungsmitglied der lokalen Agenda "Asyl und Integration".

Ihre beiden Leidenschaften hat sie an ihre vier Kinder vererbt. Zwei arbeiten im medizinischen Bereich, die anderen beiden sind Berufsmusiker. "Kultur ist nicht nur Musik, sondern umfasst das gesamte Leben", sagt Altenberger. Seit etwa 25 Jahren veranstaltet die 66-Jährige klassische Konzerte. Sie ist für den Fachbereich Herrschinger Konzerte an der Volkshochschule zuständig und parallel dazu für das Ressort Kammermusik im Verein "Kultur im Schloss Seefeld" verantwortlich. In dem Verein sitzt sie auch im Vorstand.

Es sind zwei völlig unterschiedliche Zielgruppen, für die Altenberger Konzerte organisiert. In Herrsching stellt sie ein Programm für ein Abo-Publikum zusammen. Sie hat 145 Abonnenten "mit hoher Erwartungshaltung". In Seefeld arbeitet sie im Team. Hier kann sie auch mal ein Experiment wagen und dem Publikum Crossover-Projekte anbieten. In Herrsching muss sie einen Saal mit 300 Plätzen füllen, ins Seefelder Sudhaus passen gerade einmal 100 Leute.

So mitfühlend Altenberger mit ihrer zurückhaltenden ruhigen Art im Umgang mit ihren Mitmenschen ist, so streng und kompromisslos kann sie sein, wenn es um die Wahl ihrer Künstler geht. "Ich bin sehr kritisch und habe einen gewissen Qualitätsanspruch", gibt sie zu. Über die Jahre hat sie ein Gespür für Können und Talent entwickelt. Oft sind es ihre musikalischen Kinder, die ihr einen Tipp geben, viele Künstler bewerben sich aber auch selbst. Bevor es eine Zusage gibt, hört sich die Diplom-Kulturmanagerin - das Fernstudium hat sie 2007 absolviert - dann schon mal vorab ein Konzert an.

Altenberger ist in einem kulturell aufgeschlossenen Elternhaus in München aufgewachsen. Nach dem Musikabitur studierte sie Medizin. Ihr Mann - ebenfalls Mediziner - übernahm eine Arztstelle in Seefeld, wo sich die junge Familie niederließ. Altenberger arbeitete an verschiedenen Krankenhäusern und war von 1991 bis zur Übergabe 2011 als Ärztin mit in der Seefelder Praxis tätig. Parallel dazu zog sie ihre vier Kinder groß und förderte deren musikalisches Talent. Mittlerweile sind ihre langen blonden Haare von grauen Strähnen durchzogen, und es gibt acht Enkelkinder.

Das Organisieren von Kulturveranstaltungen ist harte Arbeit. Um einen Überblick zu bewahren, hat Altenberger selbst ein Verwaltungsprogramm für den Computer programmiert. Hier kann sie die Sitzplätze vergeben, Karten ausdrucken, sie kann eine Besucherstatistik erstellen und über die Gagen Buch führen. So könne sie Jahre später beispielsweise nachschauen, welche Konzerte gut gelaufen sind.

Altenberger versucht außerdem, ihre Konzertreihen möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Mal ein Klavierabend, dann ein Streichquartett, verschiedene Ensembles, Instrumente und Solisten wechseln sich ab. Auch der Sohn tritt in diesem Jahr mit einem Oktett in Herrsching und mit den "Sonaten für Klavier und Violine" von Ludwig van Beethoven in Seefeld auf. Es ist ein Zyklus von drei Konzerten, in denen Korbinian Altenberger und die Pianistin Jiayi Shi zehn Sonaten spielen. Eigentlich hatte Altenberger dafür das Sudhaus privat mieten wollen, um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, den eigenen Sohn protegieren zu wollen. Doch der hat sich längst einen Namen in der Konzertbranche gemacht, das Sudhaus-Team habe deshalb auf öffentlichen Konzerten bestanden.

Seit einigen Jahren knüpft Altenberger an die alte Tradition des "Salon-Konzerts" an. Vor einem ausgewählten Kreis gibt es in kleinem Rahmen ein kulturelles Programm mit Lesungen, Filmen, Musik. Die beiden Programme für Herrsching und Seefeld sind schon längst fertig. Vor dem Wohnhaus der Altenbergers steht ein Infokasten mit einer Übersicht. Die Planungen für das nächste Jahr laufen. Und dann ist da noch ihr großer Wunsch, einmal die weltberühmte Violinistin Julia Fischer aus Gauting zu verpflichten.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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