Silvester-Feuerwerk:Krachen lassen

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Auch in der Nähe von Zeltanlagen für Flüchtlinge dürfen an Silvester Raketen abgeschossen werden

Von Sabine Bader, Berg

Neue Gegebenheiten erfordern manchmal ein Umdenken. Oder zumindest ein Mitdenken. Zum Beispiel der Umstand, dass in drei Gemeinden jetzt Zeltstädte für Asylbewerber stehen und an Silvester hierzulande das neue Jahr traditionell mit Raketen begrüßt wird. Bergs Bürgermeister Rupert Monn sorgt sich um die Sicherheit der Flüchtlinge - etwa wenn ein Irrläufer auf ein Zeltdach fällt. Monn hätte darum gerne das Abfeuern von Raketen im Umkreis von 150 Metern um die Zeltanlage am Huberfeld in Berg untersagt. Sonst hat Monn es bekanntlich nicht so mit Verboten und regelt Dinge lieber im Gespräch. Aber in diesem speziellen Fall sieht er es anders. "Wir haben im ganzen Gemeindegebiet sonst keine Stoffdächer ", sagte er in der Sitzung des Berger Gemeinderats. Das allerdings konnte seine Ratskollegen nicht überzeugen. Sie vertraten die Auffassung, dass das Risiko, eines der Zelte in Brand zu setzen, doch relativ klein ist. Außerdem seien die Asylbewerber ohnehin an Silvester auf den Straßen, für sie bestehe also kaum eine Gefahr. Zudem lasse sich das Einhalten einer Satzung in dieser Nacht ohnehin nicht überwachen. Das Problem der Kontrolle bleibe.

Das findet auch Vizebürgermeister Andreas Hlavaty (CSU). Er sieht die Lage lockerer. Zumal auch der Helferkreis selbst laut Hlavaty die Auffassung vertritt, es bedürfe keiner Satzung, sondern lediglich eines Appells an die Nachbarn, beim Abfeuern von Feuerwerkskörpern Vorsicht walten zu lassen. So entschieden sich die Gemeinderäte gegen die Stimme von Monn und Sisi Fuchsenberger (SPD) letztlich dafür, die Anwohner mit einem offiziellen Schreiben für das Problem zu sensibilisieren und ihnen den Rat zu geben, nicht unbedingt in der näheren Umgebung der Zeltstadt Feuerwerke abzubrennen.

Das selbe Problem wie die Berger haben auch die Tutzinger und Pöckinger. In Pöcking machen es sich die Gemeinderäte leicht und warten ab, wie die Kollegen aus Berg entscheiden. In Tutzing haben es die Gemeinderäte in nichtöffentlicher Sitzung bereits einstimmig abgelehnt, ein Abbrennverbot für Feuerwerk an Silvester zu erlassen. "Verbote bringen nur Aversionen mit sich. Das könnte letztlich eher den Flüchtlingen schaden", findet Bürgermeister Rudolf Krug. Traditionell treffen sich viele Tutzinger zum Feuerwerk an der Seestraße und am Johannishügel, gut 100 Meter von den Zelten entfernt.

Das Starnberger Landratsamt hatte den drei Gemeinden zuvor empfohlen, die Knallerei in der Nähe der entzündlichen Zeltstädte zu untersagen. Denn die Behörde kann dies nicht tun. Sie ist in dieser Frage schlicht auf das Entgegenkommen der Kommunen angewiesen.

Die Kraillinger haben ihre Flüchtlinge nicht in einer Zeltstadt untergebracht, sondern in Sozialwohnungen. Dennoch machen auch sie sich Gedanken darüber, wie sie mit dem Umstand umgehen wollen, dass in diesem Jahr Menschen bei ihnen Leben, die aus Kriegsgebieten kommen - viele von ihnen sind traumatisiert. Es geht um das Böllerschießen, das traditionell am 1. Januar veranstaltet wird. Einige Gemeinderäte vertraten die Auffassung angesichts der besonderen Situation, man sollte von der Böllerei absehen. Letztlich dominierte jedoch die Ansicht, es sei nun mal eine lieb gewordene Tradition, das neue Jahr mit Böllern willkommen zu heißen. Und das wolle man sich einfach nicht vermiesen lassen.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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