Star-Architekt:Libeskind will zweite Synagoge bauen

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"Wir konnten es selbst kaum fassen": Der Star-Architekt aus New York gibt der liberalen jüdischen Gemeinde eine Zusage für den Bau einer Synagoge.

A. Dürr und M. Maier-Albang

Als am 9. November 2006 die Synagoge der Münchner Kultusgemeinde am St.-Jakobs-Platz, im Herzen Münchens, feierlich eröffnet wurde, standen die liberalen Juden der Stadt mit einem lachenden und einem weinenden Auge dabei. "Wir haben uns wirklich gefreut", sagt Lauren Rid, die Vorsitzende der liberalen Gemeinde Münchens, Beth Shalom. Doch die kleine liberale Gemeinde, der sich rund 300 Menschen zugehörig fühlen, sucht selbst seit Jahren vergeblich nach einem eigenen und ebenso schönen Zuhause. Einen Kellerraum und ein Zimmer im Parterre hat man momentan angemietet, bei Gottesdiensten wird es regelmäßig eng. Jetzt aber scheint eine prominente Lösung in Sicht.

Was der renommierte Architekt für eine Liberale Synagoge in München plant, steht noch nicht fest. Seine prinzipielle Unterstützung hat er jedenfalls zugesagt. (Foto: Foto: SZ (Archiv))

Seit Anfang vergangenen Jahres gibt es intensive Gespräche zwischen der Liberalen Jüdischen Gemeinde und der Zweiten Bürgermeisterin Christine Strobl über eine Synagoge. Zur Debatte standen beispielsweise Mietobjekte in einer Stadtwerke-Immobilie in der Corneliusstraße in der Nähe des Gärtnerplatzes und ein Objekt in der Zehentbauerstraße in Giesing. Im März 2007 lehnte die Gemeinde ab. Unter anderem fürchtete man bei dem Stadtwerke-Bau eine Strahlenbelastung. Auch eine weitere Adresse, die die Stadt anbot - die Pöllatstraße in Giesing - war nicht zentral genug und wurde ebenfalls abgelehnt.

"Es war einfach nichts Passendes dabei", klagt Matthias Strauss, Vorstand des Vereins Chaverim, des Unterstützerkreises von Beth Shalom. Also habe man vor einiger Zeit beschlossen "ein bisschen größer zu denken". Und warum dann nicht gleich ganz groß? Das heißt, also: selbst bauen. Auch hier sagte die Stadt Unterstützung zu. "Wir haben das Kommunalreferat gebeten, geeignete Grundstücke im Innenstadtbereich ausfindig zu machen", sagt Stefan Fritsch, der Bürochef der Bürgermeisterin. Auch das Planungsreferat bemüht sich um eine Lösung. Allerdings sei es nicht einfach, ein geeignetes Areal in guter Lage zu finden. Bis Ende des Monats will man die Angelegenheit klären. Fritsch: "Alle Seiten strengen sich sehr an, gute Konditionen für das Projekt anzubieten."

Lauren Rid schrieb einen Brief an den amerikanischen Stararchitekten Daniel Libeskind, der schon das Jüdische Museum in Berlin geplant hatte. Der "zerrissene" Baustil, der die Brüchigkeit jüdischer Geschichte spiegeln soll, hat Anerkennung und Bewunderung hervorgerufen. Inzwischen liegt die Antwort Libeskinds aus New York bei Beth Shalom: Es ist die Zusage für eine Unterstützung.

"Wir konnten es selbst kaum fassen", freut sich Rid, die selbst aus New York stammt und über Bekannte von dort Kontakt zu Libeskind aufgenommen hat. Eine Verbindung zur Münchner Gemeinde gibt es auch über den liberalen Rabbiner Walter Rothschild, der bis vor zwei Jahren noch die Gemeinde Beth Shalom von Berlin aus mitbetreut hatte, bis die Liberalen in München mit Tom Kucera einen eigenen Rabbiner fest anstellten. Rothschild lernte den Reformjuden Libeskind in Berlin kennen, als der zum Bau des Museums dort wohnte. In der Synagoge an der Oranienburger Straße feierte Rothschild die Bar Mizwa, das Fest der religiösen Mündigkeit, für Libeskinds Tochter.

Der 62-jährige Daniel Libeskind zählt zu den namhaftesten Vertretern seiner Zunft. Seine wichtigsten Werke sind neben dem 1999 fertiggestellten Jüdischen Museum in Berlin, das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück oder das Imperial War Museum in Manchester. 2003 hatte der Architekt die Ausschreibung für den Neubau des World Trade Centers in Manhattan gewonnen.

Libeskind hatte 2005 auch zu dem Münchner Anti-Hochhaus-Bürgerentscheid Stellung bezogen. Diese "fundamentalistische Entscheidung" habe der Stadt keine Vorteile gebracht, klagte er. Architektur definiere sich nicht über eine Höhenbegrenzung von 100 Metern. Auf die Frage, warum er sich nicht am damaligen Architektenwettbewerb für den Neubau des Jüdischen Gemeindezentrums auf dem St.-Jakobs-Platz beteiligt hat, antwortete er: "Vielleicht war ich zu beschäftigt mit anderen Dingen oder habe es einfach verpasst."

Im kommenden Jahres nun werde Libeskind München besuchen, um die liberale Gemeinde Beth Shalom kennenzulernen, sagt Rid. Zwar hat die Gemeinde bislang weder einen Bauplatz für die geplante Synagoge, noch ist klar, wie die Kosten gedeckt werden sollen. Aber der Freundeskreis ist zuversichtlich, dass sich das mit der Zusage Libeskinds ändern wird. Ein "Synagogenfonds" ist eingerichtet, man hofft auf Spenden aus dem "privaten und öffentlichen Bereich". Wobei Lauren Rid Wert auf die Feststellung legt, dass man "keinerlei Erwartungen an die Stadt München" habe. "Wenn sie uns helfen, freuen wir uns, wenn nicht, schaffen wir es auch allein."

Was der liberalen Gemeinde vorschwebe, sei "kein Riesenbau", sagt Lauren Rid. Man plane einen Gottesdienstraum, in dem bis zu 400 Leute Platz haben. Das Grundstück, so heißt es beim Freundeskreis Chaverim, müsse nicht größer als 500 Quadratmeter sein. Auch ein Umbau eines bereits bestehenden Gebäudes kommt Rid zufolge in Frage. Bis zum nächsten Jahr, bis also Libeskind München besuchen wird, will Beth Shalom nun Kraft und Zeit investieren, um weitere Unterstützer zu finden. Und wenn er dann komme, sagt Rid, "können wir richtig loslegen".

© SZ vom 12.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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