Stadtrat:Ein Plakat und viele Fragen

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Das Kafe Marat wehrt sich gegen Vorwürfe aus CSU und SPD

Von Pia Ratzesberger

Letztendlich dreht sich alles um dieses eine Bild. Darauf zu sehen ist ein Plakat, und auf dem wiederum steht über einem Polizeiwagen mit eingeschlagenen Scheiben: "Hass auf Schweine - Kämpf mit uns!". Das Plakat soll an den Mauern des Kafe Marat im Schlachthofviertel gehangen haben, deshalb lag das Bild einem neuen Antrag zweier CSU-Stadträte bei. Manuel Pretzl und Hans Podiuk schreiben darin, dieses Foto verdeutliche "die wahre Einstellung der linksautonomen Szene in München". Sie fordern, dass die Stadt den Trägerverein des Marat nicht mehr fördere, als Quelle steht unter dem Bild "privat". Das Problem ist nur: Das gleiche Bild ist in dem Film "Der Links-Staat" vom umstrittenen, rechtsgerichteten Kopp Verlag zu sehen - und nicht nur das deutet darauf hin, dass dieses Foto nicht aktuell aufgenommen sein könnte.

Das Bild sei von einem Bürger zugesandt worden, heißt es bei der CSU-Fraktion, und "im Rahmen der Möglichkeiten" überprüft worden. Man habe von einem möglichen Bezug zum Kopp Verlag nichts gewusst und müsse die Situation nun "noch einmal neu bewerten". Allerdings sei das eingeschickte Foto nicht der einzige Hinweis auf das Kafe Marat gewesen, die Fraktion beruft sich auch auf eine Dokumentation des ZDF namens "Radikale von Links, die unterschätzte Gefahr". Auf der Seite des bayerischen Verfassungsschutzes findet sich das Kafe als Treffpunkt der "linksextremistischen autonomen Szene". Das Marat selbst wiederum bezeichnet sich auf seiner Webseite als "selbstverwaltetes Zentrum", mit "Antifa-Café", "Hip Hop Kafe" und "Queerkafe".

Von dem Plakat hat sich der Trägerverein "Zeit, Schlacht und Raum" bereits distanziert. Es stehe außer Frage, dass dessen Inhalte den politischen Idealen des Vereins grundlegend widersprächen, keine der Gruppen aus dem Marat habe das Plakat angebracht oder gedruckt. In dem offenen Brief an die Stadträte heißt es weiter, der Schluss von Parolen an der Außenfassade auf die politischen Ansichten der Nutzer sei ohnehin "gesellschaftspolitisch gefährlich". Der Verein datiert das Bild von der Mauer auf "spätestens 2012", damals ist ein Plakat mit genau dem gleichen Spruch bereits auf einem Blog mit Namen "Metropolico" thematisiert worden, der sich selbst als "bürgerlich, liberal und unabhängig" versteht. Im Impressum dieses Blogs findet sich der Name desselben Mannes, der auch an "Der Links-Staat" mitbeteiligt war: Christian Jung, früher bayerischer Landesvorsitzender der rechtspopulistischen Partei "Die Freiheit".

Beim Verein "Zeit, Schlacht und Raum" heißt es, man sei "traurig", dass niemand die Quellen genauer geprüft hätte. Die CSU-Stadträte hatten ihren Antrag am Freitag veröffentlicht, noch am gleichen Tag forderte auch der Bundestagsabgeordnete der SPD, Florian Post, "unverzüglich" zu klären, "ob das gewaltverherrlichende Plakat vom Betreiber des Kafes geklebt worden sei". Die Fraktion der Grünen/Rosa Liste verlangte am Montag von der CSU, ihren Antrag zurückzuziehen. Der sei ein "kaum verzeihlicher Fehltritt ins rechtsextreme Lager."

© SZ vom 12.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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