Stadtrat beschließt Kliniksanierung:"Es wird schmerzhafte Einschnitte geben"

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Der Stadtrat stimmt für das Sanierungskonzept des Klinikums, das auch Stellenkürzungen vorsieht

Von Dominik Hutter

Gerettet ist das städtische Klinikum noch lange nicht, davon ist Ernst Wolowicz überzeugt. "Die Mühen der Ebene beginnen ab heute, und sie werden gigantisch sein", erklärte der Kämmerer. "Aber Alternativen sehe ich nicht." Der Stadtrat offenkundig auch nicht, und so stimmte die Vollversammlung am Mittwoch mit großer Mehrheit für das Sanierungskonzept, das den Abbau beinahe jedes vierten Arbeitsplatzes und insgesamt eine Schrumpfung der kommunalen Krankenhäuser bedeutet. "Es wird schmerzhafte Einschnitte geben", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an die Adresse des Klinikpersonals. Niemand fälle gerne Beschlüsse wie den Verkauf des städtischen Blutspendedienstes oder die Fremdvergabe der Küchen. Das Konzept diene aber dazu, die Zukunft der Kliniken in städtischer Trägerschaft sicherzustellen.

Dass es nicht einfach wird, betonte auch Klinik-Chef Axel Fischer, der unmittelbar nach dem Stadtratsbeschluss seine Mitarbeiter bei einer Betriebsversammlung über die Pläne für die nächsten Jahre informierten wollte. Dem Klinikpersonal dürfte allerdings längst bekannt sein, was es zu erwarten hat - das Konzept hat sich in seinen Grundzügen nicht verändert, seit der Stadtrat 2014 eine Grobfassung beschlossen hat. Inzwischen liegen mehr Details und einige Neuerungen vor: Schwabing und Harlaching verlieren nicht mehr gar so viele Abteilungen wie ursprünglich geplant. Insgesamt werden 750 Betten abgebaut.

"Es tut weh", bedauerte der Arzt und CSU-Gesundheitssprecher Hans Theiss. Aber es liege eine "vitale Bedrohung" vor, das Klinikum müsse daher "bittere Pillen schlucken". Dazu zählt auch die im Grobkonzept noch nicht vorgesehene Fremdvergabe von Küchen und diversen Hausdiensten sowie der Verkauf des defizitären Blutspendedienstes. Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich bekannte, gerade bei den Küchen Bauchschmerzen zu haben, das Essen sei ein wichtiges Aushängeschild eines Klinikums. Ein Vorschlag der Grünen, stattdessen eine Servicegesellschaft mit niedrigerem Lohnniveau zu gründen, scheiterte an der Mehrheit des Stadtrats.

Reiter räumte ein, dass vor allem durch den Fremdvergabe-Beschluss bis zu 400 Klinik-Mitarbeiter von der Arbeitslosigkeit bedroht sein könnten. Die Stadt werde aber alles tun, um soziale Härten zu vermeiden. Geplant ist die Gründung einer Qualifizierungseinheit unter dem Dach des Klinikums, in dem die Betroffenen für neue Aufgaben in den Krankenhäusern oder bei der Stadt ausgebildet werden.

Dies funktioniert allerdings nur, wenn die Stadt die neue Abteilung finanzieren darf - was wegen des EU-Beihilferechts keineswegs sicher ist. Kämmerer Wolowicz zeigte sich skeptisch, ob erste Anzeichen einer gelockerten Brüsseler Haltung wirklich schon den Durchbruch bedeuten. Reiter will aber die Qualifizierungseinheit unbedingt einrichten, "dann müsste es die EU-Kommission schon explizit verbieten". Der Oberbürgermeister erklärte sich bereit, "ein gewisses Risiko einzugehen." Die Zeche für die Sanierung des Klinikums werde von der Stadt bezahlt und nicht von den Schwachen.

Stadtrat Çetin Oraner (Linke) sprach hingegen von einem "Aderlass für die Kliniken" und kritisierte die "Gesamtideologie einer reinen Ökonomisierung". Letztlich ziele das Konzept auf eine spätere Privatisierung ab, "und da werden wir nicht zustimmen". Schließlich stehe ein städtisches Klinikum nicht im Wettbewerb. Kämmerer Wolowicz reagierte auf diese Ausführungen mit einem Crashkurs "Krankenhausfinanzierung im real existierenden Kapitalismus". Der Münchner Klinikmarkt sei der am härtesten umkämpfte in ganz Deutschland. Lediglich 27 Prozent aller stationären Krankenhausleistungen entfielen auf die städtischen Häuser in Bogenhausen, Harlaching, Schwabing, Neuperlach und an der Thalkirchner Straße. Die Stadt erwarte sich auf absehbare Zeit keine Rendite durch ihr Klinikum. Es gehe lediglich darum, dass das Unternehmen seine eigenen Investitionen stemmen kann - wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Davon sei man derzeit meilenweit entfernt.

Klinik-Chef Fischer will in den kommenden Jahren 770 Millionen Euro in Sanierung, Umbau und Erweiterung der Gebäude investieren. Der Beschluss biete die Chance zu einem zukunftsfähigen Klinikverbund. "Ich bin optimistisch, dass wir das schaffen."

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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