Stadionpläne:Allein, es fehlt der Glaube

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Echte Begeisterung sieht anders aus: Löwen-Fans am Sonntag beim Heimspiel gegen Bochum. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Löwenzoo und Stadion für 52 000 Zuschauer: Die Fans und Verantwortlichen des TSV 1860 reagieren auf die Ankündigung des Investors Hasan Ismaik skeptisch.

Von Heiner Effern, Markus Schäflein und Tom Soyer

"Hasan raus", skandierten die Löwenfans am Sonntag in der Arena beim Spiel gegen Bochum und reckten Plakate mit dem durchgestrichenen Konterfei des jordanischen Investors Hasan Ismaik in die Höhe. Den Empfang hatte sich der Aufsichtsratschef der Sechziger wohl ein bisschen herzlicher vorgestellt. Immerhin hatte er am Freitagabend den Bau eines großen Fußballstadions versprochen, samt einem Löwen-Zoogehege nebendran.

Doch die meisten Löwen-Fans sind wenig begeistert: "Grundsätzlich ist die Idee gut - aber sie ist ein Schloss aus Tausendundeiner Nacht, während wir sportlich und wirtschaftlich um die Existenz kämpfen", sagte Kevin Filosoglou. Sein Opa Michali begeisterte sich für alles, was bei seinem Herzensverein Aufbruch verheißt. "Es wäre super, wenn Sechzig ein eigenes Stadion hätte", fand der Thalkirchner mit griechischen Wurzeln - und verglich Ismaik mit Griechenlands Spitzenpolitikern: "Kein Geld, aber wilde Pläne."

Diese hatte Ismaik am Freitag zuerst Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und abends 360 Fans bei einem Treffen in einem Landgasthof in Rudelzhausen (Landkreis Freising) mitgeteilt. Die Vereinsvertreter reagierten gespalten auf die Ankündigung. Präsident Peter Cassalette, der in den vergangenen Monaten einen freundlichen Kurs gegenüber Ismaik eingeschlagen hatte, wollte den Stadionbau nicht zerredet wissen. Die Pläne seien "sehr konkret und unabhängig davon, in welcher Liga wir spielen", sagte er.

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Auch Rejek war von der Größe der neuen Arena überrascht

Geschäftsführer Markus Rejek, dessen Entlassung Ismaik beim Fanabend in Rudelzhausen gefordert hatte, hält ein eigenes Stadion ebenfalls für nötig, kann den Ankündigungen im Landgasthof aber nichts abgewinnen. "Ehe in einer Arena in Riem gegen den Ball getreten wird, vergehen acht Jahre", meinte Rejek. "Niemand weiß, wie teuer dieses Bauprojekt werden wird."

Zudem war auch Rejek von der angekündigten Größe der neuen Arena überrascht: "Da fragt man sich: Woher kommt jetzt so eine Zahl, 52 000? Von wem lässt er sich da beraten? Gerade in Riem könnte man allerdings erst ein kleineres Stadion errichten, das sich später noch erweitern lässt."

OB Dieter Reiter (SPD) will die Pläne der Löwen positiv begleiten. Den Standort in Riem hält er für "den besten, den es derzeit in München für ein neues Stadion gibt". Besonders der Verkehrsanschluss über die A 94 und die vielen Parkmöglichkeiten sprächen dafür. Er wolle die Löwen planerisch unterstützen, nicht aber finanziell, sagte Reiter.

Das sieht der Bündnispartner im Rathaus ähnlich. Auch die CSU will den Löwen helfen, eine neue Heimat zu finden, wenn diese frühzeitig die nötigen Mittel nachweisen könnten. "Ins Blaue hinein können wir nicht planen", sagte Bürgermeister Josef Schmid (CSU).

Die 60er müssen konkrete Informationen liefern

Nun müssen also die Sechziger konkrete Informationen liefern, viel liegt bisher bei der Stadt nicht vor. Ismaik habe beim Treffen im OB-Büro nicht einmal die später bei den Fans genannte Zuschauerzahl von 52 000 angegeben, sagte Reiter. Er habe lediglich sehr nachdrücklich betont, tatsächlich bauen zu wollen. Und zwar ein großes Stadion. Und einen Park mit echten Löwen daneben. "Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass das in Deutschland nicht ganz so einfach geht". Ismaik habe daraufhin den Eindruck vermittelt, dass er das Stadion auch ohne den Löwenpark bauen würde, sagte Reiter.

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Fan Wolfram Bauer aus Giesing macht sich eher Gedanken, was der Investor mit seiner Planung eigentlich bezweckt. Dass sie "unrealistisch" ist, daran bestehe kein Zweifel, denn so ein Stadionbau dauere mindestens zehn Jahre, "und was wird in der Zwischenzeit?". Nein, sein Verein habe ganz andere, "viel drängendere Sorgen", und deshalb sieht Bauer in den Ankündigungen vor allem "ein Lockmittel, um die Fans für die Stimmenmehrheit von 50 Prozent plus eins im Verein hinter sich zu versammeln".

Bauer spielt da nicht mit, für ihn ist England, wo Investoren auch Mehrheitseigner eines Fußballvereins sein dürfen, eine "abschreckende" Vorstellung: "Da kostet die Karte dann 100 Pfund", so eine Kommerzialisierung sei für Sechzig indiskutabel. Zudem müsse Ismaik "im Kleinen erst mal zeigen, dass er im Großen glaubwürdig ist."

Der sei eben "ein Dampfplauderer", findet Andreas Dolak aus Freilassing, und auch Joachim Haggenmiller aus Weißenhorn verweist das auch erst einmal in die Welt der Märchen. Peter Willmann aus Bad Aibling ist einer der wenigen, dem die Idee vom Riemer Stadion gefällt, und der auch daran glaubt. Seine zwei Begleiterinnen beim Bochum-Spiel sind sich hingegen einig: "Wir wollen z'ruck ins Grünwalder, weil des scheener, nostalgischer is'!" Und Bernhard Ribisch, der mit drei Freunden aus der Nähe von Wien angereist ist, formuliert es so: "Der Scheich, der soll se brausen! Und wann er kaa Scheich is, aa!"

Von Verwunderung bis zu skeptischer Hoffnung

So viel Gegenwind hatte Hasan Ismaik am Freitagabend noch nicht zu spüren bekommen, als er um kurz vor 21 Uhr in die schwarze Limousine stieg und aus dem Dorf Rudelzhausen entschwand. Da standen Vertreter der Fanorganisation Arge noch lange vor dem Gasthaus, in dem der jordanische Investor zu ihnen gesprochen und den Bau eines Stadions mit 52 000 Plätzen angekündigt hatte. Die Meinungen der überraschten Anhänger gingen von Verwunderung ("Da werde ich nicht schlau draus") bis zu skeptischen Hoffnungen ("An der Aussage Stadion muss er sich messen lassen").

Mit die deutlichsten Worte findet am Wochenende der ehemalige 1860-Präsident Gerhard Mayrhofer, der nach langen Streitigkeiten mit Ismaik entnervt zurückgetreten war. Er sieht sich in seiner Meinung bestätigt, dass es schlicht unmöglich sei, mit Ismaik zusammenzuarbeiten. Zu den Stadionplänen falle ihm "gar nichts mehr ein, was man dazu sagen soll". Die Pläne seien völlig absurd. Ismaik biete "mal wieder reinen Populismus", findet Mayrhofer. "Und völligen Quatsch: Vor allem, wenn er neben dem Stadion einen Löwenzoo bauen will. Wobei: Wenn die Spieler nicht gut spielen, könnte man die Löwen dann rüber in die Arena lassen. Wie im alten Rom."

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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