Schwimmen:Dellen, Pendler und Glückselige

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Die SG Stadtwerke München eilt von Erfolg zu Erfolg. Viele andere Schwimmklubs der Region haben derweil Probleme

Von Sebastian Winter

Die SG Stadtwerke München ist so erfolgreich wie nie. Bei der Kurzbahn-DM haben ihre Vorzeigeschwimmer Alexandra Wenk und Florian Vogel acht Medaillen geholt, davon fünf goldene. Vogel startete Anfang Dezember bei der Kurzbahn-WM in Doha. Auch deshalb darf sich München Chancen ausrechnen, bald Bundesstützpunkt zu werden. Doch was ist mit den anderen Vereinen in der Region, die auch viele Schwimmtalente ausbilden - oft abseits des Rampenlichts? Eine Auswahl zeigt, dass manche große Probleme haben, überhaupt noch Leistungssport anzubieten. Auch weil sie im Gegensatz zur SG, die von ihrem Hauptsponsor großzügig mit Geld und Wasserzeiten unterstützt wird, kaum gefördert werden.

Der hoch ambitionierte Pascal Winter wechselte 2012 als große Hoffnung von Prinz Eugen zur SG Stadtwerke, ist zuletzt allerdings eher untergetaucht. (Foto: Mirko Seifert)

TSV Hohenbrunn-Riemerling

Hohenbrunn-Riemerling gilt dank seiner Nachwuchsarbeit als zweitstärkster Schwimmverein der Region - hinter der SG. In Emily und Lara Siebrecht, Helen Scholtissek, Ramona Sulzmann sowie Antonia und Teresa Baerens (die zurzeit in den USA studiert), klopfen sechs TSV- Schwimmer an der deutschen Spitze an, Emily Siebrecht und Scholtissek starten von Freitag an bei den Paul Bergen Championships in Portland, einem renommierten Jugendvergleich. Ihr Trainer Jan Wolfgarten war früher selbst ein Weltklasse-Schwimmer. 120 Jugendliche schwimmen in sieben Leistungsgruppen. Wegen der hohen Kosten, die durch die Fahrten zu Wettkämpfen, Meldegebühren, Trainerhonoraren und Bädergebühren anfallen, verlangt der Klub seit 2013 eine Leistungssportpauschale. "Gegen die SG Stadtwerke haben wir trotzdem kaum eine Chance, weil sie gesponsort sind", sagt Abteilungsleiter Jens Siebrecht. Die Konkurrenzsituation zur SG hat sich aber etwas entspannt, auch weil Schwimmer beider Klubs am Münchner Stützpunkt trainieren. Größtes Problem des TSV ist die marode Riemerlinger Schwimmhalle. Wegen einer Schließung verlor der Klub seit 2012 ein Drittel seiner Mitglieder. Immerhin: die Weiternutzung ist nun für die nächsten fünf Jahre sicher.

Riemerlings großes Talent Emily Siebrecht wurde bei der Kurzbahn-DM über die Lagenstrecken starke Vierte, Fünfte und Siebte. (Foto: Mirko Seifert)

SV Lohhof

Bei Lohhofs Schwimmern ist die Lage wesentlich weniger rosig als in Riemerling. Denn Lohhof hat kürzlich den Leistungssport aufgegeben. Obwohl es dort ein tolles Sechs-Bahnen-Bad gibt. Die Trainer Dino Bortot und Lena Gerber haben den SVL in Richtung, natürlich, der SG Stadtwerke verlassen, sie nahmen auch einige der stärksten Athleten mit. Lohhofs Abteilungsleiter Georg Wolf ist gar nicht böse deswegen: "Es geht nur so, dass man die Kräfte konzentriert. Und wir haben einfach nicht die Mittel, sie zu fördern." Nachwuchsprobleme habe sein Klub überhaupt nicht, beteuert Wolf, das Problem seien zum einen fehlende Wasserzeiten: Vier Einheiten gibt es hier für Leistungsschwimmer, die zudem Trockentraining machen. Bei der SG und in Hohenbrunn trainieren die ambitioniertesten Athleten mehr als doppelt so viel. Zum anderen, findet Wolf, "bekommen Vereine wie wir zu wenig Unterstützung". Mit dieser Meinung steht Wolf nicht alleine da. Es gibt zwar die Übungsleiter-Pauschale, aber kaum Zuschüsse durch die Schwimmverbände. Für die Schwimmabteilung im SVL, einem großen Mehrspartenverein, ist das ein enormes Problem. Zugleich werden die Kosten immer höher, je erfolgreicher die Talente sind. "Wenn wir es beispielsweise schaffen würden, zehn Schwimmer zur DM zu bringen, dann wären wir ruiniert", sagt Wolf.

Germerings Tobias Wetzel konzentriert sich inzwischen auf seine Ausbildung. (Foto: Mirko Seifert)

Fürstenfeldbrucker Wasserratten

Bei den Wasserratten ist kaum etwas, wie es 2013 noch war. Der mexikanische Trainer Arroyo Toledo hat den Klub nach wenigen Monaten verlassen. "Er hat die PS nicht auf die Straße gebracht", so drückt es Klubpräsident Stefan Sponer aus. Zugleich hörten viele Spitzenschwimmer aus diversen Gründen auf. "Da kam alles geballt, jetzt haben wir eine Delle drin." Sponer glaubt aber nicht, wie manche Eltern, dass nun bei den Wasserratten alles auseinanderbricht. Mittlerweile ist die stärkste Leistungsgruppe mangels eines guten und bezahlbaren Cheftrainers eine Kooperation mit Prinz Eugen eingegangen. Das Training mit dem dortigen Coach Elvir Mangavic läuft seither im Pendelbetrieb zwischen München und Fürstenfeldbruck.

SC Prinz Eugen München

Das größte Problem des SC Prinz Eugen ist seine Trainingsstätte. Das Bad an der Sentastraße muss renoviert werden. Zuletzt musste Chefcoach Elvir Mangavic, einer der wenigen Hauptamtlichen in München, auf das Heinrich-Heine-Gymnasium ausweichen. Dennoch hat der SC in der erst zehnjährigen Amelie Zachenhuber ein großes Talent, das kürzlich Altersklassenrekorde von Alexandra Wenk gebrochen hat. Mangavic hat ein zwiespältiges Verhältnis zur SG, er hegt immer noch Groll, weil Pascal Winter, einer seiner besten Schwimmer, vor zwei Jahren dorthin gewechselt ist. Außerdem versteht er nicht, warum andere Klubs keine Chance auf Wasserzeiten in der Olympiaschwimmhalle haben. Diese sind hauptsächlich für die SG reserviert.

Neptun Germering

"Eine Insel der Glückseligen" nennt Trainer und Vorstandsmitglied Marcus Rips Neptun Germering. Okay, in Mike Nguyen (Studium in Berlin), Tobias Wetzel (Ausbildung in München) und Karina Sommer (Ausbildung in Australien) treten Neptuns stärkste Schwimmer nun kürzer mit dem Leistungssport. Aber der Pool an Talenten, die auch in Bayern und bundesweit eine Rolle spielen, ist groß. Auch mit den Stadtwerken Germering herrscht bezüglich Wasserzeiten ein guter Austausch, der Trainermangel ist längst nicht so prekär wie in anderen Klubs. "Wir machen viel aus unseren begrenzten Möglichkeiten", sagt Rips.

© SZ vom 11.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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