Poolbillard:Leise Töne und Donnerschläge

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Der BSV Dachau gewinnt beide Derbys gegen Fürstenfeldbruck. Verbandspräsident John erlebt eine große Show - den Streit mit den Siegern will er aufarbeiten

Von Johannes Heil, Fürstenfeldbruck/Dachau

"Let's rock 'n' roll!" - so kündigte Fürstenfeldbrucks Hallensprecher am Samstag das Derby in der Poolbillard-Bundesliga zwischen dem heimischen BSV Playhouse und dem BSV Dachau an. Die Spieler marschierten zu lauten Hip-Hop-Bässen ein; mit Hupen, Rasseln und Trommeln feuerten die beiden Lager ihre Akteure an. Für Bruck und Dachau ist Billard mehr als nur ein Spiel - es ist eine bunte Show.

Der ganz große Rock 'n' Roll wurde dann am Sonntag in Dachau gespielt, beim zweiten Teil des Derbys. Der BSV hatte sich für die rund 200 Zuschauer einiges einfallen lassen. Zur Eröffnung ging das Licht aus, Filme wurden eingespielt, aus dem Nichts fragte eine Stimme: "Are you ready?" Dazu im Hintergrund dramatische Musik und Donnerschläge. Als Krönung des Spektakels wurde der Henkelpott, den der Sieger der Gesamtwertung dieser beiden Derbys erhält, von der Decke über die Tische herabgelassen. Die Fans der Dachauer, die "Pooligans", feuerten die eigenen Akteure lautstark von der Tribüne aus an, die Fürstenfeldbrucker hielten auf der Gegentribüne dagegen. Ralf Souquet, deutsche Billard-Legende und Mannschaftsführer der Dachauer, animierte die Pooligans zur Welle. Die Stimmung war auf dem Siedepunkt, bevor nur eine einzige Kugel gefallen war. So stellen sich die beiden Teams ihren Sport vor.

Billard wurde natürlich auch gespielt. An beiden Tagen setzten sich die Dachauer knapp mit 5:3 durch und sicherten sich so den Gesamtsieg im "Spiel der Spiele", wie beide Seiten das Nachbarschaftsduell nennen. Obendrein gab es für die zwei Erfolge sechs Punkte in der Bundesliga-Tabelle.

Einer zeigte sich an beiden Tagen von seiner besten Seite: Der Österreicher Mario He entschied als Einziger alle vier Einzelpartien für sich. Allgemein schwimmt der 21-Jährige momentan auf einer Welle des Erfolgs. Ende des vergangenen Jahres hatte He in Neckarsulm eines der wichtigsten Turniere in Deutschland gewonnen. "Derzeit kann ich wirklich nicht klagen. Es läuft sehr gut ", sagte He.

Als ob sechs Punkte für die Tabelle und der Prestigeerfolg im Spiel der Spiele nicht schon genug wären, wurden die Dachauer noch zusätzlich beschenkt. Durch die beiden überraschenden Niederlagen des Tabellenführers BC Oberhausen gegen den PBC Schwerte übernahm der BSV auch noch die Tabellenführung. "Das ist das Sahnehäubchen auf ein tolles Wochenende", resümierte He, der gleich einen Schritt weiter dachte. "Nun haben wir es im Meisterrennen in der eigenen Hand." Auch der Vorsitzende des BSV Dachau, Andreas Huber, sieht sein Team nun als Topfavorit auf den Meistertitel: "Das brauchen wir nicht wegzudiskutieren", sagte er. Der Vorsprung auf die Verfolger Schwerte und Oberhausen beträgt jedoch nur einen Punkt.

"Nun haben wir es in der eigenen Hand": Dachaus Mario He hat nach seinen starken Auftritten gegen Fürstenfeldbruck den Meistertitel fest im Blick. (Foto: Niels P. Jörgensen)

Auf der Gegenseite zeigte man sich natürlich enttäuscht über die beiden knappen Niederlagen. "Wir hatten an beiden Tagen die Chance auf ein Unentschieden", befand Fürstenfeldbrucks Vorsitzender Stefan Klein. Der Mannschaftsführer der Brucker, der tschechische Top-Spieler Roman Hybler, pflichtete ihm bei: "Wir haben unsere durchaus vorhandenen Chancen einfach nicht genutzt." Gegen eine so hochkarätig besetzte Mannschaft wie Dachau dürfe man sich dies schlichtweg nicht erlauben.

Mit seiner eigenen Leistung konnte Hybler aber durchaus zufrieden sein, er entschied drei seiner vier Partien für sich, genauso wie der Schweizer Dimitri Jungo, der dem bislang in der Bundesliga ungeschlagenen Weltklasse-Spieler Albin Ouschan aus Österreich die erste Niederlage der Saison beibrachte.

Die große Show in Dachau bekam am Sonntag auch ein Überraschungsgast mit: Der Präsident der Deutschen Billard Union (DBU), Michael John, hatte kurzfristig sein Kommen angekündigt. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen den Dachauern und dem Verband gegeben, vor allem zwischen John und BSV-Chef Huber. Dennoch zollte der DBU-Präsident dem Klub Respekt für das, was er auf die Beine gestellt hatte: "Was hier gemacht wird, ist schon einzigartig", lobte John. Huber hatte in der Vergangenheit mehrmals ein Umdenken beim Verband gefordert, was die Vermarktung des Sports angeht - der Eventcharakter müsse mehr im Vordergrund stehen. Auch über eine Sondergenehmigung für die Dachauer, drei ausländische Spieler einzusetzen, die aus Sicht des BSV ungerechtfertigterweise von der DBU gekippt wurde, gab es Streit. "Ich habe kein Problem mit Herrn Huber", betonte nun John, fügte aber an: "Er vertritt seine Sache, das verstehe ich. Aber manchmal schießt er über das Ziel hinaus." Auch Huber beteuerte, er habe kein Problem mit dem Präsidenten. "Aber wir vertreten teils sehr verschiedene Ansätze." Am Sonntag führten beide ein längeres Gespräch, ein "freundschaftliches", wie Huber sagte. Eine thematische Annäherung habe es nicht gegeben. Beide wollen sich zu einem weiteren Gespräch treffen, um die Streitpunkte eingehender zu diskutieren. Ob dieses Gespräch dann auch freundschaftlich verlaufen wird, ist ungewiss.

© SZ vom 13.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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