Eishockey:Mittelmacht

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Groß gegen die Kleinen, klein gegen die Großen? Der EHC München, einer der Favoriten auf den DEL-Titel, verliert in Hamburg das nächste Spitzenspiel. Am Sonntag kommt die Düsseldorfer EG

Von Christian Bernhard

Dimitrij Kotschnew hatte zuletzt wenig zu lachen. Der Torhüter der Hamburg Freezers kam selten zum Zug, und wenn, dann musste er seinen Platz entweder früh räumen oder verlor, wie bei seinen letzten drei Einsätzen im vergangenen Monat. Sein Kontrahent Sébastien Caron bekam die meisten Spiele und war dabei um einiges erfolgreicher. Kotschnew, immerhin ehemaliger deutscher Eishockey-Nationaltorhüter, steckte in einem Tief: Nur vier Siege in seinen zwölf Spielen genügten weder seinen noch Hamburgs Ansprüchen.

Gottlob gibt es den EHC München, mag Kotschnew sich denken. Am Donnerstagabend führte er die Freezers zu einem 2:1-Sieg gegen den EHC, Mitte November beim 3:0-Erfolg in München war er sogar ohne Gegentor geblieben. Von den insgesamt 62 Schüssen auf sein Tor in diesen zwei Partien ließ er nur einen passieren, jenen von Daniel Sparre, der das Spiel in der 55. Minute zwar noch einmal spannend machte, aber zu wenig war, um die Partie noch zu wenden. Kotschnew habe "überragend" gespielt, sagte Hamburgs Nationalspieler Thomas Oppenheimer, der zum 2:0 getroffen hatte. Freezers-Trainer Serge Aubin betonte, sein Goalie habe "in Schlüsselsituationen enorm wichtige Paraden gezeigt", lobte aber auch Münchens Torhüter Florian Hardy: "Beide waren sehr stark." EHC-Trainer Don Jackson fand die Leistung seines Teams "okay".

Hamburg ist der Angstgegner des EHC in der Deutschen Eishockey Liga (DEL): Die Niederlage am Donnerstagabend war die neunte in zehn Spielen in der Hansestadt, nur am ersten Spieltag dieser Saison hatte es einen Münchner Erfolg bei den Freezers gegeben (6:3). Der vermeintliche Einzelfall Hamburg ist womöglich aber auch ein Indiz für eine Schwäche des EHC München: Der Tabellenzweite der DEL gewinnt zwar oft - aber selten gegen Konkurrenten aus den Top Vier, potenzielle Gegner für ein Playoff-Halbfinale.

Sieben Mal hat das Team von Don Jackson in dieser Saison gegen Tabellenführer Mannheim, Meister Ingolstadt und Verfolger Hamburg gespielt und dabei neben dem Auftaktsieg in Hamburg nur ein Mal Ende Oktober gegen Ingolstadt gewonnen (4:1). Die restlichen fünf Partien gingen verloren, zuletzt am Freitag vor einer Woche 2:5 gegen Mannheim. Zum Vergleich: Spätstarter Hamburg ist besonders in den Spitzenspielen stark. Sechs ihrer sieben Partien gegen Mannheim, München und Ingolstadt gewannen die Freezers.

"Zu wenig geschossene Tore" beklagte EHC-Kapitän Michael Wolf am Donnerstagabend, "eines reicht einfach nicht, um Punkte zu holen." Das war auch schon in den Spielen gegen Mannheim (0:4 und 2:5) sowie gegen Hamburg der Fall. Dabei stellt der EHC mit 97 Treffern die zweitbeste Offensive der Liga, im Schnitt erzielen die Münchner 3,5 Tore pro Spiel. Ein starker Wert, der gegen die Topteams aber deutlich abnimmt: Da sind es nur noch 2,3 Treffer pro Partie. Auch das Münchner Überzahlspiel - mit 22 Prozent Erfolgsquote das zweitbeste der Liga - kommt gegen die Großen nicht zum Tragen. Nur etwa jedes zehnte Powerplay gegen die anderen Spitzenmannschaften führt zum Torerfolg, in den sieben Duellen gab es nur vier Münchner Überzahl-Treffer.

Der EHC 2014/15: Groß gegen die Kleinen und klein gegen die anderen Großen? .

In Hamburg musste München ohne acht Spieler antreten. Sechs Profis waren verletzt, Dominik Kahun und Tim Bender sind zur U20-Weltmeisterschaft nach Kanada gereist. Aufgrund der vielen Ausfälle feierten drei junge Angreifer ihre Premieren: beim EHC Maximilian Kastner, via Förderlizenz von Kooperationspartner SC Riessersee geholt, spielte erstmals überhaupt in der DEL, Thomas Merl trug zum ersten Mal in dieser Saison das EHC-Trikot und Kai Herpich wurde aufgrund der vielen verletzten Abwehrspieler zum Verteidiger umfunktioniert.

Im letzten Heimspiel vor Weihnachten trifft der EHC am Sonntag auf die Düsseldorfer EG (16.30 Uhr, Olympia-Eishalle). Der abgeschlagene Tabellenletzte der vergangenen Spielzeit ist eine der Überraschungsmannschaften der Saison, er mischt als Tabellensiebter voll im Rennen um die direkten Playoff-Plätze mit und rangiert momentan vor Köln, Berlin, Krefeld oder Nürnberg. Doch eines, und das dürfte den EHC im Moment etwas beruhigen, sind die Rheinländer trotzdem nicht: Eine Top-Vier-Mannschaft.

© SZ vom 20.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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