Amateurvereine:Ausgetrickst und abgestiegen

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Die Amateurvereine fühlen sich vom Fußballverband im Stich gelassen - und demonstrieren für eine Satzungsänderung.

Wolfgang Wittl

Kommenden Mittwoch wird es in München eine Demonstration geben. Voraussichtlich 100 Menschen aus den Kreisen Fürstenfeldbruck und Dachau werden sich an der U-Bahnstation Stiglmaierplatz treffen und in die Brienner Straße ziehen. Sie werden weder mehr Geld fordern noch politische Mitsprache.

Es gehe um Gerechtigkeit, sagen die Veranstalter. Ihr Ziel ist das Gebäude mit der Nummer 50, das Haus des Fußballs, wo sie den höchsten Repräsentanten des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) eine schriftliche Protestnote überreichen wollen.

Der Anlass liegt ein paar Wochen zurück. Es ist der 20. Juni, der vorletzte Spieltag in der C-Junioren-Bezirksoberliga. Der SC Fürstenfeldbruck unterliegt Wacker Burghausen II mit 1:4. Fürstenfeldbruck und die JFG Glonntal (Kreis Dachau) steigen ab, Burghausen II rettet sich - auch deshalb, weil Spieler aus der ersten C-Jugendmannschaft eingesetzt wurden. Um sie dort aufstellen zu können, durften sie zuvor im Spiel der höheren Mannschaft erst in der zweiten Hälfte mitwirken.

Was in Burghausen so weit ging, dass die C1 das Bayernligaspiel gegen Memmingen (0:2) mit nur acht Feldspielern begann. Burghausens Jugendleiter Franz Starka streitet das gar nicht ab. In Fürstenfeldbruck müsse man akzeptieren, dass sein Verein nach Regelwerk gehandelt habe - und unter den Profiklubs mit dieser Vorgehensweise gewiss nicht alleine stehe. Außerdem: Hätte ihr Trainer über die Sache mit den acht Feldspielern nicht im Internet berichtet, wäre das doch gar nicht aufgeflogen, sagt Starka: "Wir sind nur so dumm gewesen und haben keine Zensur gemacht."

Der Mann, der besagten Bericht im Internet entdeckt hat, heißt Jakob Ettner und ist der Vater eines jener Spieler, die gegen Burghausen 1:4 unterlagen. Außerdem ist Ettner inzwischen der Mann, der vom SC Fürstenfeldbruck beauftragt ist, die Sache vor dem Sportgericht durchzufechten. Zweimal hat der SCF bereits verloren, derzeit liegt der Fall beim Verbandssportgericht. Voraussichtlich am Montag werde entschieden, sagt Grit Labahn von der BFV-Rechtsabteilung. Wie das Urteil ausfällt, ist allenfalls zu erahnen. Fest steht, dass es detailliert begründet sein wird. "Fünf Seiten lang", sagt Labahn, "ungewöhnlich" ausführlich.

Für Ettner geht es um eine Grundsatzentscheidung, um die Anwendung des Paragraphen 19, der Einsätze von Spielern regelt. Dessen schwammige Formulierung ermögliche es Profivereinen, ihre unteren Mannschaften im Saisonfinale derart zu stärken, dass sie die Liga doch noch halten. Klubs wie Fürstenfeldbruck seien dadurch klar im Nachteil, sagt Ettner, und beruft sich auf Paragraphen, in denen es heißt: "Wenn auf ein Spielergebnis bewusst Einfluss genommen wird, ist es der Spielmanipulation gleichzusetzen." Die Forderung lautet daher, das Spiel für Fürstenfeldbruck zu werten. Dann müsste Burghausen, wo der BFV ein Leistungszentrum unterhält, runter.

Siegfried Frost, Vorsitzender der ebenfalls knapp abgestiegenen JFG Glonntal, hat es auf anderem Weg versucht. Er stellte den Antrag, die Bezirksoberliga "im Sinne des Opferschutzes" von zwölf auf 14 Mannschaften aufzustocken. Die Reaktion des BFV: "Man hat mich ins Leere laufen lassen." Erst sei die Beschwerde wegen eines Formfehlers unbearbeitet zurückgeschickt worden, danach war zu viel Zeit verstrichen. Fälle wie diesen gebe es "en masse", sagt Frost, weil die Regeln des BFV diesen Spielraum gewährten. "Was den Eltern stinkt, ist das Vorbild für die Kinder: Du musst nur genügend tricksen, dann kommst du weiter."

Aus diesem Grund werden Eltern und Jugendliche beider Vereine am Mittwoch protestieren. Mittelfristig strebt Frost eine Satzungsänderung bei Paragraph 19 an, Gespräche mit anderen Vereinen laufen. Bis dahin solle der BFV als Partner aller Klubs und nicht nur "als Verteidiger der Lizenzvereine auftreten", sagt Jakob Ettner. Der Verband solle das oft propagierte Fair-Play selbst praktizieren. Seine Erwartungen, was sich ändern wird, sind indes bescheiden: "Nichts!"

© SZ vom 04.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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