Späte Wiederherstellung:Eine Zwiebel zum Geburtstag

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Wieder zurück, nach mehr als 71 Jahren: Der Zwiebelturm am Hotel Torbräu. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Hotel Torbräu bekommt seinen historischen Erker wieder, der Seniorchef freut sich

Von Franz Kotteder

Als er oben auf dem Blechdach steht und über die Silhouette der Altstadt blickt, muss Werner Kirchlechner doch ein bisschen schlucken. Ein Kran lässt gerade die viereinhalb Meter große, kupferne Zwiebelturmkuppel über dem Erker des Hotels Torbräu schweben, gleich werden die Handwerker mit der Montage beginnen. Der 74-jährige Hotelier muss daran denken, was sein Vater wohl dazu gesagt hätte, dass jetzt - 71 Jahre nach der Zerstörung in der Bombennacht vom 18. Dezember 1944 - wieder eine Kupferzwiebel die Hotelfassade ziert.

Das Hotel Torbräu kann mit einiger Sicherheit behaupten, das älteste der Stadt zu sein. Direkt am Isartor gelegen, wurde es bereits 1490 erwähnt. An die 10 000 Menschen lebten damals in der Stadt, und wer hier zu tun hatte und nicht gerade arm war, der stieg im Torbräu ab. Später feierten Adelige und Räte hier ihre Feste, und Kurfürst Max Emanuel soll Ende des 17. Jahrhunderts sogar mehr als nur ein Auge auf die schöne Wirtin des Torbräu geworfen haben. Jedenfalls feierte er dort gerne ausgelassene Maskenbälle.

Heute ist das Torbräu ein Vier-Sterne-Haus mit 90 Zimmern und Suiten, seit 113 Jahren wird es geführt von der Familie Mayr-Kirchlechner. 1944 wäre aber beinahe Schluss gewesen. Getroffen von vier Fliegerbomben, war das Hotel nur noch eine Ruine. Aber der Weinkeller mit 3000 Flaschen blieb unversehrt, und nach dem Krieg tauschte Werner Kirchlechners Vater sie nach und nach gegen Baumaterial ein. Das Hotel erstand größer und schöner als zuvor. Nur die Zwiebelturmkuppel fehlte, sehr zum Missvergnügen von Seniorchef Kirchlechner. Zu seinem 80. Geburtstag, sagte er seinen Söhnen Andreas und Florian, wünsche er sich die wieder am Haus. Demnächst feiert er seinen 75., und lange hatten ihm die beiden verheimlicht, dass beim derzeit laufenden Umbau der Dachsuiten auch ein Erkerturm eingeplant war, als Geburtstagsgeschenk.

Am Mittwoch war es nun soweit, und während oben die Kupferzwiebel montiert wird, benetzt unten vor dem Hotelrestaurant Schapeau Andreas Kirchlechner beim Anzapfen die Fotografen mit Bier. Die Happy Bavarians spielen Stimmungsmusik, und der Seniorchef ist glücklich. Für den 80. Geburtstag hat er ja jetzt eigentlich wieder einen neuen Wunsch frei, oder? "Zuerst einmal will ich ihn erleben", sagt er und lacht, "und das nach Möglichkeit bei guter Gesundheit!"

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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