Söders medienwirksame Israel-Reise:Unverhohlene Begierde nach dem höheren Amt

Lesezeit: 3 min

Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: N/A)

"Ein Minister auf Fortbildung" vom 23. März und Markus Söders Israel-Reise:

Auf Speed-Pilgerfahrt

Ihr Beitrag hat mir sehr gefallen, ein schönes, säkulares Gegengewicht zu den vielen frommen Berichten Ihres Blattes in der vorösterlichen Zeit. Höhepunkt Ihrer Berichterstattung ist das ausdrucksstarke Foto des ministeriellen Hof-Fotografen aus der Grabkammer in Jerusalem; trotz der Enge in dieser Kammer ist dem Künstler ein treffendes, gut ausgeleuchtetes Portrait seines Dienstherrn gelungen; den bayerischen Lesern und Wählern wird es gefallen. Eine herrliche Real-Satire mit unserem Heimat- und Finanzminister: der Landessynodale auf Speed-Pilgerfahrt in einem Kirchen-Marathon in der Karwoche; ein wenig pilgern und immer mal wieder in die Knie gehen mit tiefreligiösem Gefühl, aber auch eine Auslandsdienstreise in ein Terror-gefährdetes Land zur Entwicklung der eigenen politischen Persönlichkeit. Diese Reise hat sich sicher gelohnt. Und wir haben unseren Minister noch mal besser kennengelernt - ein aufschlussreicher Artikel. "Difficile est saturam non scribere" (Juvenal, 1. Satire, Rom, 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung; Übersetzung der Redaktion: ,Schwer ist's, darüber keine Satire zu schreiben.') Rainer Statz, Straßlach

Plumpe Fälschung?

Kann es sein, dass das Bild, das Herrn Söder betend in der Grabeskirche zu Jerusalem darstellen soll, eine plumpe Fälschung ist? Kaum vorstellbar, dass ein christlicher Minister, der auf Seriosität hält, eine solch aufdringliche Schau bietet! Heißt es doch bei Matthäus 6, Vers 6: "Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten öffentlich." Vielleicht ist es eine Fälschung vom betenden Söder, die kritische Fragen in Richtung "Scheinheiligkeit" provozieren soll. Allerdings: Als Bildquelle wir ein "Joerg Koch, Finanzministerium" angegeben. Soll wohl bedeuten, dass der Dienstherr seinen Hoffotografen zur Reise nach Jerusalem mitgenommen hat und auch die Bildauswahl getroffen hat. Nebenbei - als Steuerzahler habe ich da noch ganz andere Fragen!

Wenn man nun den Faden "Verdacht der Fälschung" weiterspinnen wollte, könnte einem auffallen, dass der "Söder-Darsteller" im Profil Herrn Orban ähnelt. Was das wohl bedeutet? Aber das ist eine andere Geschichte. Michael Bergmann, München

Gnade!

Medienwirksam posiert der bayerische Heimat- und Finanzminister Dr. Markus Söder als fromm betender Pilger in der leeren Heilig-Grab-Kapelle in Jerusalem. Setzt man dieses Bild des Begierde-Ministerpräsidenten in Beziehung zu seinen Äußerungen zum Flüchtlingsproblem in Deutschland und zu den Äußerungen des (noch?) amtierenden Ministerpräsidenten, dann wird mir klar, wie sehr das "C" im Namen seiner Partei zum ansonsten wertentleerten, aber immer noch werbewirksamen "Firmenwert" zu gerinnen droht. Zwei Zitate fallen mir zu diesem Bild ein:

Erstens aus dem Neuen Testament (Mt 6,5f.): "Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten." Zweitens aus dem Spottgedicht Frank Wedekinds anlässlich des Besuchs des Deutschen Kaisers Wilhelm II. im Heiligen Land im Jahr 1898: "So sei uns denn noch einmal hochwillkommen / und lass dir unsere tiefste Ehrfurcht weihn, / der du die Schmach vom heiligen Land genommen, / von dir bisher noch nicht besucht zu sein."

Nun - Kaiser will der Bayerische Heimat- und Finanzminister trotz dieses Staatsbesuchs wohl (noch?) nicht werden. Aber ich hoffe, dass die Gnade Gottes und die Vernunft der Wähler uns diesen Ministerpräsidenten ersparen wird. Dr. Manfred Pfeifer, Baldham

Beten als Event

Das Bild ist nicht nur peinlich, aber typisch für Söder. Wenn man wirklich dort (in Jerusalem; d. Red.) beten will, macht man das ohne Presse. Es fehlt nur noch, dass Herr Söder als Protestant sich vom Papst die Kommunion spenden lässt und die Presse drückt dabei auf den Auslöser . . . Prof. Dr. Gerhard H. Schlund, München

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

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© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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