Wintersport:Darauf müssen Skitourengeher achten

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Nach Wochen des Wartens ist endlich auch Schnee gefallen, entsprechend groß ist der Ansturm der winterhungrigen Tourengeher. (Foto: Thomas Bucher)
  • Das Tourengehen boomt, nicht nur in den bayerischen Alpen.
  • Wer abseits der Pisten unterwegs ist, muss sich allerdings besser vorbereiten.
  • Bergführer Christoph Hummel gibt Tipps, wie die Tour zu Erfolg wird - die Sicherheit steht immer im Vordergrund.

Von Silke Lode

Bad Kohlgrub, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, oberbayerisches Kernland. Viele Münchner kennen den 2600-Einwohner-Ort vor allem wegen des Hörnles, einem gemütlichen Berg mit drei Gipfeln, Skipiste, Hütte und Schwebebahn. In diesem Kontext ist es schon eine Laune des Schicksals, dass seit einigen Jahren Karl-Heinz Reichert Bürgermeister von Bad Kohlgrub ist: ein bekennender Nicht-Skifahrer mit Pfälzer Zungenschlag.

Vielleicht waren das nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um die Konflikte zu lösen, die an den Hängen des Hörnles ausgetragen wurden. Jäger und Bauern hatten andere Interessen als Wanderer, Tourengeher kamen Pistenskifahrern in die Quere und die Naturschützer hatten sowieso eine ganz eigene Sicht der Dinge.

Gesprächsrunden endeten in Eiszeiten, während derer niemand mehr miteinander redete. Reichert, neu im Amt, brachte die Parteien wieder an einen Tisch. "Wir haben einen Kompromiss gefunden, der so für alle tragbar ist", sagt er heute. Jetzt gibt es Wildschutzzonen, empfohlene Routen und Tafeln, die jedem Gast erklären, wie er umweltfreundlich auf den Berg steigen kann.

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Der Berg ist für viele Tourengeher machbar

Gerade am Hörnle ist ein solches Konzept wichtig, der Berg muss an einem schönen Wochenende mehr Menschen verkraften, als Bad Kohlgrub Einwohner hat. Bei Skitouren-Anfängern ist das Hörnle beliebt, weil ein sicherer Aufstieg über eine Skipiste nach oben führt, der mit knapp 600 Höhenmetern auch konditionell nicht allzu anstrengend ist. Nach Wochen des Wartens ist endlich auch Schnee gefallen, entsprechend groß ist der Ansturm der winterhungrigen Tourengeher.

Bergführer Christoph Hummel steht im ersten Schnee dieses Jahres mit einer Gruppe am Hörnle und versucht zu vermitteln, worauf Anfänger achten müssen, wenn sie sich zum ersten Mal auf Skitour oder ins freie Gelände wagen wollen. Die nötige Ausrüstung ist überschaubar: "Man braucht Tourenski und Steigfelle, einen Rucksack und ein Erste-Hilfe-Päckchen", erläutert Hummel. "Solange sich Tourengeher ausschließlich auf der Piste bewegen, können sie auf ein Lawinenverschütteten-Suchgerät, Schaufel und Sonde verzichten."

Im freien Gelände ist diese Ausrüstung unverzichtbar. Wer von einer Lawine verschüttet wird und nicht innerhalb von 15 Minuten gerettet wird, hat schlechte Überlebenschancen. Deshalb ist es so wichtig, dass jeder Begleiter die Suche und Rettung beherrscht.

Eine entsprechende Ausbildung ist vor der ersten Tour auch für fitte Sportler obligatorisch. Auch mit einem weiteren Thema muss sich jeder befassen, der die sicheren Skipisten verlässt: der Einschätzung der Lawinengefahr. In Hummels Augen ist das keine Domäne, die nur Experten vorbehalten ist. "Wer den aktuellen Lawinenlagebericht kennt, weiß, welche Gefahrenstufe herrscht und welche Expositionen besonders ungünstig sind", erklärt er.

Im Gelände hilft dann gerade Anfängern die sogenannte Snow Card: Mit ihr lässt sich die Steilheit eines Hangs messen. Wer dann die Informationen aus dem Lawinenlagebericht parat hat, kann auf der Karte über die Stufen grün, gelb und rot ablesen, wie groß die Gefahr ist, diesen Hang zu befahren. Eine solche Basis-Risikoeinschätzung lässt sich laut Hummel bei einem Kurs in kurzer Zeit erlernen.

Viele bleiben gleich auf der Piste

Trotzdem gibt es immer mehr Tourengeher, die sich erst gar nicht in diese Situation begeben wollen und die lieber gleich auf der Piste bleiben. Der Sport boomt so stark, dass es seit einigen Jahren immer wieder massive Konflikte mit den Betreibern der Skigebiete gibt. In anderen Ländern ist der Aufstieg auf Pisten sogar verboten. In Bayern sind solche Betretungsverbote nur bei akuter Gefahr zulässig, trotzdem gibt es Regeln, die der Alpenverein mit den örtlichen Skigebieten vereinbart hat. So dürfen gesperrte Pisten nicht betreten werden - mit Pistenraupen und deren Arbeitswinden hat es bereits tödliche Unfälle gegeben. Und um Kollisionen mit Abfahrern zu vermeiden, darf nur am Rand aufgestiegen werden.

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Und weil Skifahren nicht der einzige Wintersport ist: Wo man am besten auf die Piste, in die Spur oder aufs Eis gehen kann.

Bergführer Hummel hat seiner Gruppe diese Grundregeln inzwischen erklärt und ist nach einem Test der Lawinenverschütteten-Suchgeräte mit ihnen unterwegs. Immer wieder gibt er Tipps, zum Beispiel zur Kleidung: "Wem zu warm ist, der zieht besser gleich eine Schicht aus, jetzt wird es steil." Ein Zwiebelschalenmodell bewährt sich also auch im Winter hervorragend. Hummel kümmert sich um Felle, die nicht mehr ordentlich am Ski kleben. Und als es dann wirklich steil wird, zeigt er den Teilnehmern, wie man sich mit der Steighilfe - einer Art Absatz unter der Ferse - den Aufstieg bequemer machen kann.

Ein Strahlen auf allen Gesichtern

Hinter der Hörnle-Hütte wird es ernst: Das letzte Stück zu einem der drei Gipfel führt durch freies, ungesichertes Gelände. Es gibt keine planierte Piste mehr, und der Gipfelhang sieht plötzlich ganz schön steil aus. 35 Grad ergibt die Messung, die Exposition ist ungünstig - im grünen Bereich fährt man da nicht mehr. "Da müsst ihr immer im Kopf haben, dass so ein Hang völlig ausreicht, um zu sterben", mahnt Hummel.

Für den Rückweg gibt es aber eine sichere Alternative, und spätestens am Parkplatz liegt trotz des mäßigen Schnees ein Strahlen auf allen Gesichtern. Einer, dem am Gipfel die Knie angesichts der Tiefschneeabfahrt doch weich wurden, meint: "Ich frage mich wirklich, warum ich so lange nicht mehr Skifahren war."

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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