Schwieriges Pflaster:Angst vor dem Dammbruch

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Paul Kleiser kämpft schon seit zwei Jahren gegen das Abkommen TTIP mit den USA, jetzt ist er auch Sprecher des Münchner Ablegers von "Stop Ceta". (Foto: Stephan Rumpf)

In München will ein breites Bündnis von Bund Naturschutz bis Gewerkschaften Ceta verhindern

Von Heiner Effern, München

Für den Kampf gegen Ceta musste Paul Kleiser keine neuen Mitstreiter suchen, er hatte bereits welche. Das seit zwei Jahren existierende Bündnis "Stop TTIP" wurde in München wie in vielen anderen Städten einfach um "Stop Ceta" erweitert, schließlich weist das Handelsabkommen mit Kanada viele Ähnlichkeiten mit den geplanten TTIP-Verträgen auf. Beiden gemeinsam sei auch das intransparente Vorgehen der Politiker in Europa und in Amerika, sagt Kleiser, einer der Sprecher des Bündnisses. "Die Menschen sind aufgrund dieser Entwicklungen und der Geheimniskrämerei sensibilisiert."

Das zeigte sich einerseits, als am bayernweiten Aktionstag gegen Ceta allein bei der Demonstration in München 2000 Besucher für das Volksbegehren unterschrieben. Andererseits hatten die Veranstalter schon noch auf ein paar mehr Unterstützer in der Landeshauptstadt gehofft. Das mag daran gelegen haben, dass just zur Kundgebung einer der seltenen 30-Grad-Tage in diesem Jahr die Münchner woanders hin lockte. Es hat aber auch mit der direkten Betroffenheit zu tun, die am Land deutlich plastischer zu spüren ist als in der Großstadt. Gerade die Bauern fürchten ein Sterben ihrer kleinen Höfe, die bei einer Freihandelskonkurrenz durch amerikanische Großbetriebe ruiniert würden. Dementsprechend mobilisieren die Landwirte viele Menschen in der Fläche.

In der Landeshauptstadt mit ihrem grundaufgeregten politischen Betrieb sei es schwieriger, ein Thema zu setzen, ist Bündnis-Sprecher Kleiser überzeugt. Unterstützer gebe es mit 26 Partnern genügend. Die Bandbreite der Organisationen reicht von Bio-Supermärkten über den Bund Naturschutz und Gewerkschaften bis zu den Globalisierungsgegnern von Attac. Auch die Parteien sind vertreten, die Grünen, die ÖDP, die Linke und seit Neuestem die Freien Wähler. Sie halten sich in der Öffentlichkeit jedoch zurück, unabhängige Organisationen sollen die Menschen davon überzeugen, dass die Freihandelsabkommen Barrieren einreißen könnten, die nicht wieder aufzubauen sind.

Ganz konkret sieht Kleiser eine solche Bedrohung bei öffentlichen Gütern wie dem Wasser oder dem Abfall, die Konzerne gerne übernehmen und zum Geschäft machen würden. Auch wenn München bisher solchen Versuchungen kritisch gegenüberstand, die Privatisierungswünsche großer Konzerne und der geforderte Aufbau einer Rechtsprechung außerhalb der regulären Justiz machen Kleiser und seine Mitstreiter misstrauisch. Auch wenn TTIP den Unternehmen noch mehr Rechte einräumen würde, schon der Abschluss von Ceta mit Kanada könne einen Dammbruch bedeuten, sagt der Sprecher. "Viele US-Konzerne haben dort eine Niederlassung, Ceta könnte für sie ein Einfallstor sein." Deshalb werde das Bündnis für einen Volksentscheid kämpfen. Doch am nächsten, deutschlandweiten Aktionstag könnte es mit der Beteiligung in München wieder dünn werden. Die Demos sind ausgerechnet am 17. September geplant, dem Start des Oktoberfests.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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