Schuleinschreibungen:Anwerben und abwimmeln

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4981 Kinder haben sich an Münchens Gymnasien angemeldet, etwas mehr als vor einem Jahr. Die Entwicklung an den einzelnen Schulen ist aber sehr unterschiedlich. Das liegt vor allem am jeweiligen Angebot - und manchmal an Kleinigkeiten wie einem Tag der offenen Tür

Von Melanie Staudinger

Direktorin Luitgard Vonbrunn hat es in den vergangenen Jahren wahrlich nicht leicht gehabt. Im Luisengymnasium stagnierte die Zahl der Neuanmeldungen. Die Schule geriet immer wieder in die Schlagzeilen, ohne eigenes Zutun, sondern wegen der Nähe zum Hauptbahnhof und der sich dort entwickelnden zwielichtigen Szene. Nun aber hat Vonbrunn Grund zur Freude: Diese Woche meldeten sich 122 neue Fünftklässler an (2016: 70), so viele wie seit 2010 nicht mehr. Einfach so kam der Durchbruch aber nicht. Neben Latein bietet das Luisengymnasium nun erstmals Englisch als erste Fremdsprache. Das gefiel Eltern und Kindern.

Der Andrang an die 38 öffentlichen Gymnasien in München ist ungebrochen, auch in diesem Jahr haben sich wieder mehr Schüler angemeldet - und zwar genau 4981 (Vorjahr: 4952), wie aus einer internen Auflistung der Schulen hervorgeht, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das bedeutet eine Steigerung von 0,6 Prozent, die besonders die staatlichen Einrichtungen auffangen müssen (Zunahme: 1,5 Prozent). An den städtischen schrieben sich hingegen 1,1 Prozent weniger Schüler ein. Von der Tendenz nach oben sind nicht alle Gymnasien gleichermaßen betroffen.

"Wir müssen uns nach den Wünschen der Familien richten", sagt Vonbrunn. Kundenorientierung nennt die Schulleiterin das, ein Wort, das man früher von Direktoren nicht gehört hätte. Das Luisengymnasium hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Latein als erste Fremdsprache verleiht der musischen und sprachlichen Schule ein eigenes Flair. "Wir haben uns schon Sorgen gemacht, ob die Einführung von Englisch den Charakter der Schule beeinträchtigen könnte", sagt die Direktorin. Getraut hat sich die Schule doch, mit Erfolg. Es gibt fast genauso viele Latein- wie Englischschüler. Auch Thomas Franz ist zufrieden.

Viel mehr Kinder wollen auf das Pasinger Karlsgymnasium, berichtet der Direktor. 95 sind es statt 64. Franz erklärt sich dies zum einen damit, dass das benachbarte Elsa-Brändström-Gymnasium aus Platzgründen nur vier Klassen bilden könne und im Vorhinein schon vor zu vielen Anmeldungen gewarnt habe. Zudem habe man herausgefunden, dass Externe nur wenig vom schulischen Leben wüssten. Das Karlsgymnasium reagierte, bot erstmals seit Langem wieder einen Tag der offenen Tür an und gestaltete den Informationsabend für die Eltern um. Er beginnt nun eine Stunde eher, damit die Viertklässler nicht so lange durchhalten müssen. Eine wichtige Rolle spielen auch die Gymnasiasten selbst. "Unseren Fünftklässlern war es ein großes Anliegen, dass sie zeigen können, was sie bisher gelernt haben", sagt Franz. Und die Kleinen hätten erkannt, dass es den Schülern an ihrem künftigen Gymnasium gut ergehe, dass sie nur ein bisschen größer seien.

Werbung muss Leonhard Baur für sein neues Gymnasium München Nord nicht machen. Im Eröffnungsjahr 2016 meldeten sich 191 Kinder an, er startete mit fünf statt vier fünften Klassen und musste dennoch Schüler abweisen. In diesem Jahr hat sich die Situation verschärft: 222 Kinder, so viele wie an keine andere Schule sonst, wollten an die Knorrstraße. Die Eltern wurden per Mail bereits über die Absagen informiert. "Es waren viel zu viele, die wir abweisen mussten. Das ist nicht schön für uns", sagt Baur. Es traf knapp 90 Schüler. Kriterium für die Aufnahme war einzig die Entfernung zur Schule. Wer mehr als zwei Kilometer entfernt lebt, hatte kaum mehr Chancen.

Gäbe es einen Preis für die konstantesten Anmeldezahlen, würde den das Wilhelmsgymnasium abstauben. 77 oder 78 Schüler sind es jedes Jahr. Direktor Michael Hotz freut es: "Wir sind eine familiäre Schule mit kleinen Klassen." Dass er seine Einschreibezahlen halten kann, ist keine Selbstverständlichkeit: Die Schule ist wegen Sanierungsarbeiten gerade in Container ausgelagert, das schätzen Eltern normalerweise nicht.

Der bevorstehende Systemwechsel vom acht- zum neunjährigen Gymnasium interessierte bei der Anmeldung kaum. Für die Schulleiter ist das keine große Überraschung. Die Übertrittsquote liege in München ohnehin stets bei mehr als 50 Prozent und lasse sich kaum noch steigern. Außerdem seien die Schulen gut an den Nahverkehr angebunden, so dass die Kinder auch nach dem Nachmittagsunterricht ohne Probleme nach Hause kommen. "Das war auf dem Land ja einer der Hauptkritikpunkte", sagt Direktor Franz.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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