Scharfe Kritik an Polizeiführung:"Wie aufgescheuchte Hühner"

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Der Faustschlag eines Polizisten hat nicht nur das Nasenbein einer gefesselten Frau gebrochen, er hat auch das Image der Münchner Polizei schwer beschädigt. Gewerkschaftschef Benker kritisiert nun das fehlende Krisenmanagement - und nennt die internen Untersuchungen gegen Beamte "absolut unprofessionell".

Von Florian Fuchs, Bernd Kastner und Susi Wimmer

Der Fall der in einer Polizeihaftzelle geschlagenen Frau erzeugt innerhalb der Sicherheitsbehörden weiter Unruhe. Nun kritisiert der bayerische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Hermann Benker, Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) für deren Krisenmanagement. "Wir schießen nach so einem Vorfall rum wie die aufgescheuchten Hühner", sagt Benker im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Ein Ende der Ermittlungen ist auch zweieinhalb Monate nach dem Vorfall auf der Wache in der Au nicht in Sicht. Auf eine Anfrage der Grünen im Landtag hat das Innenministerium aber neue Details zum Ablauf des Einsatzes vom 20. Januar veröffentlicht.

Die Münchnerin Teresa Z. hatte damals selbst die Polizei zu Hilfe gerufen, landete am Ende aber gefesselt in einer Haftzelle und wurde von einem 33-jährigen Polizisten ins Gesicht geschlagen. Gebrochene Nase, angebrochener Augenhöhlenboden, sie musste operiert werden. Der Beamte beruft sich auf Notwehr. Polizeipräsident Schmidbauer erregte nach dem Vorfall Aufsehen, weil er den beschuldigten Polizisten verteidigt und von einem angeblichen Drogenrausch der Frau gesprochen hatte.

"Es hat keiner verstanden, auch viele Polizeiführer nicht, warum er so ins Detail gegangen ist", sagt Benker. Ob Teresa Z. unter dem Einfluss von Drogen stand, konnte an dem Tag nämlich gar nicht geklärt werden: Der zuständige Richter lehnte eine Untersuchung ab. Der Druck auf das Präsidium sei so riesig gewesen, dass man der Versuchung erlegen sei, etwas zu sagen, was man nicht sagen hätte sollen, glaubt der Gewerkschafter. Er wirft den Medien vor, den Fall aufgebauscht zu haben.

Benker versteht nach eigener Aussage allerdings auch nicht, warum Innenminister Herrmann im Landtag persönliche Informationen über Teresa Z. preisgegeben hat. Er bescheinigt dem CSU-Politiker ein schlechtes Krisenmanagement. Auch von der Verlagerung der internen Ermittler, die Anschuldigungen gegen Polizisten bearbeiten, von den Präsidien in München und Nürnberg in das Landeskriminalamt (LKA) hält er nichts. "Was passiert, wenn es mal Vorwürfe gegen LKA-Beamte gibt?", fragt Benker.

Es gebe kein Konzept, und das Verfahren, nach dem Untersuchungen gegen Beamte gehandhabt würden, sei "absolut unprofessionell". Benker schlägt vor, Kameras in Haftzellen zu installieren. Man müsse sich aber auch Gedanken machen, wie man die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei optimieren könne.

Nun werden Haarproben untersucht

Auch Grünen-Politikerin Susanna Tausendfreund, die für eine völlig neue, unabhängige Ermittlungsstelle plädiert, würde gerne etwas am Procedere der Ermittlungen ändern. So sollen beschuldigte Beamten sofort vorgeladen und vernommen werden und nicht erst gemeinsam Stellungnahmen verfassen, "die dann alle einen ähnlichen Wortlaut haben".

Auf eine schriftliche Anfrage der Sicherheitsexpertin im Landtag hin hat das Innenministerium nun mitgeteilt, dass Teresa Z. am 20. Januar die Einsatzzentrale der Polizei um 15.20 Uhr verständigt hatte. Eigenen Angaben zufolge sei sie von ihrem Freund geschlagen worden. Um mögliche Straftatbestände festzustellen, war es nach Darstellung des Polizeipräsidiums erforderlich, das Paar mit auf die Wache zu nehmen. Laut Innenministerium sollen beide damit einverstanden gewesen sein.

In den Antworten von Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) steht mit Verweis auf laufende Ermittlungen jedoch nicht, wieso es im Polizeiwagen zu einem Streit um das Handy von Teresa Z. kam. Nachdem die 23-Jährige um 15.46 Uhr in der Inspektion 21 angekommen sei, hätten die Polizisten um 15.54 Uhr einen Rettungsdienst verständigt. Dieser sei um 16.03 Uhr eingetroffen. Der Anwalt von Teresa Z. erwägt eine Klage wegen unterlassener Hilfeleistung, weil seine Mandantin gefesselt und blutend alleine in der Zelle zurückgelassen worden sei.

Unklar ist, wann die Ermittlungen gegen die Münchnerin und den Polizisten abgeschlossen sein werden. Derzeit versucht die Rechtsmedizin anhand von Haarproben rückwirkend zu prüfen, ob die Frau an dem Tag tatsächlich unter Drogen gestanden haben könnte. Untersucht wird auch, ob die Gesichtsverletzung der 23-Jährigen von einem oder zwei Faustschlägen des Beamten stammen.

Das ganze Interview mit Hermann Benker lesen Sie in der Montagsausgabe der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 08.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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