Sanierungsprogramm:Was die Stadt gegen versiffte Schulklos unternimmt

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Die Schmierereien in den Toiletten der Elly-Heuss-Realschule sind mittlerweile verschwunden. (Foto: Angelika Bardehle)

Dreckige Toiletten haben eine große Rolle gespielt im Kommunalwahlkampf 2014. Seither hat sich einiges verbessert.

Von Melanie Staudinger

Da ist sie wieder, die Geschichte von den Kindern, die sich während der Schulzeit nicht auf die Toilette trauen, weil sie sich ekeln. Dieses Mal findet sie sich in einer Anfrage von CSU-Stadtrat Thomas Schmid, der vom Rathaus wissen will, warum denn die WC-Anlagen des Schwabinger Oskar-von-Miller-Gymnasiums noch nicht saniert sind. In diesem Sommer sollte die Aufhübschung eigentlich schon stattfinden, doch auch ein halbes Jahr später sei noch nichts passiert.

14 Millionen Euro alleine in diesem Jahr

In einem unzumutbaren Zustand seien die Örtchen, sodass viele Schüler ihren Toilettengang vor oder nach ihren Schulaufenthalt legten. Vor ein paar Monaten noch hätte man so einige Schulen aufzählen können, in denen es ähnlich zugehen soll. Doch heute gehört das Oskar-von-Miller-Gymnasium einer Minderheit an. Denn nach Angaben des städtischen Baureferats sind seit November 2014 mehr als 90 Prozent aller unappetitlichen Schulklos hergerichtet worden - seitdem ist die Zahl der öffentlichen Beschwerden auch deutlich gesunken.

14 Millionen Euro lässt sich die Stadt das nach Angaben des Baureferats alleine in diesem Jahr kosten. Profitiert haben davon 129 Schulen. Allerdings erhielten nur 27 von ihnen tatsächlich komplett neue Anlagen, an 102 Standorten gab es lediglich "Maßnahmen zur Verbesserung von Oberflächen", wie es eine Sprecherin des Baureferats es nennt - also Fliesenreparaturen etwa oder neue Anstriche.

"Besser als vorher ist es auf jeden Fall"

Was sich dahinter genau verbirgt, zeigt das Beispiel der Elly-Heuss-Realschule. In dem angemieteten und in die Jahre gekommenen Gebäude in Giesing sind die einstmals wenig kunstvoll beschmierten Fliesen jetzt sauber. In den Fugen aber ließ sich das Edding-Geschmiere nicht entfernen. Deutlich sind hier noch die Reste der Schüler-Kritzeleien zu sehen. Schulleiter Günther Lohr sieht es dennoch gelassen. "Neu ist es nicht, aber besser als vorher ist es auf jeden Fall", sagt er.

Marode Toiletten, baufällige Gebäude, Platzmangel - die Defizite an Münchens Schulen haben gerade in den Monaten vor der Kommunalwahl im März 2014 einen großen Raum eingenommen. Vor allem die CSU entdeckte die Bildungspolitik als einen Hebel, um den Wähler für sich zu begeistern. Keine Podiumsdiskussion, kein Pressegespräch verging, ohne dass der damalige Spitzenkandidat und jetzige Zweite Bürgermeister Josef Schmid nicht über die unhaltbaren Zustände wetterte, die überall in den schulischen WC-Anlagen zu finden seien. Einer von Schmids Wahlkampfslogans lautete: "Klug ist, wenn man nicht in, sondern aus maroden Schulgebäuden lernt." Damit wollte er beweisen, dass Politiker sich nicht zu schade sein dürfen für die täglichen Probleme, die viele Bildungseinrichtungen plagen und deren Lösung so lange vernachlässigt wurde. Mehr als 101 000 Schüler gibt es an den allgemeinbildenden Schulen in der bayerischen Landeshauptstadt, viel Wählerpotenzial.

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Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nahm die Schwierigkeiten mit den Toiletten ernst. Schon vor seiner Wahl erklärte er die versifften Schulklos zur Chefsache. Mit einer Offensive, so sagte er, wolle er die bröckelnden Gebäude sanieren. Und Reiter kündigte in seinem 100-Tage-Programm an, dass es bis Ende 2015 keine sanierungsbedürftigen WC-Anlagen mehr geben soll. Schnell sollte es gehen und unbürokratisch, weshalb der Stadtrat im November 2014 im Aktionsprogramm Schul- und Kita-Bau einen eigenen Etat beschloss, der den Namen "Sonderbudget Bauunterhalt" trägt.

Eine Task-Force soll sicherstellen, dass keine Toilette übersehen wird

200 Millionen Euro extra stehen bis 2020 für Sicherheit und Substanzerhaltung zur Verfügung, dazu unbefristet jährlich 35 Millionen Euro für den großen Bauunterhalt. Neben WC-Sanierungen wird aus diesem Topf etwa die Erneuerung von Heizungen und Brandmeldeanlagen bezahlt. Der OB gründete außerdem eine eigene Task-Force, die den Fortschritt überwachen und sicherstellen soll, dass keine Toilette übersehen wird.

Putzen war im Maria-Theresia-Gymnasium nicht nötig. Dort gibt es bereits seit 2013 neue WC-Anlagen. (Foto: Catherina Hess)

Ob Reiter auch dieses Versprechen einhalten kann, wird sich erst noch zeigen. Ganz fertig ist die Stadt noch nicht. "Die Arbeiten gehen auch im Dezember weiter", erklärt die Sprecherin des Baureferats. Die Toiletten im Oskar-von-Miller-Gymnasium sind ebenfalls noch vor den Weihnachtsferien dran - allerdings aus einem anderen Grund. Der Zustand der WC-Anlagen war offenbar nicht so dramatisch, im Toilettensanierungsprogramm taucht die Schule gar nicht auf. Auf Wunsch des Direktors aber würden Sanitäreinrichtungen dennoch ausgetauscht.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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