Rathaus:Früh gewählt hält besser

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Fünf Referenten soll der Stadtrat an diesem Donnerstag küren - diesmal ist auch die Reihenfolge von Bedeutung

Von Heiner Effern

Ernst Wolowicz, Münchens Kämmerer, bereut es nun doch, sein Haus nicht rechtzeitig umgetauft zu haben. "Aus- und Einzahlungsreferat" wäre so ein Name gewesen, der ihm vorgeschwebt wäre. Nicht weil der belesene SPD-Mann plötzlich ein Faible für sprachliche Verwaltungsungeheuer entdeckt hätte, sondern wegen der Buchstabenarithmetik bei der Referentenwahl. Fünf neue Stadtminister werden an diesem Donnerstag in der Vollversammlung des Stadtrats gewählt - in der Reihenfolge des Alphabets. Relevant ist dafür allerdings nicht der Eigenname, sondern der ihres künftigen Hauses. Und das heißt: Wolowicz ist mit der Stadtkämmerei als letzter dran.

Nun macht sich der anerkannte Finanzmann so wenig Sorgen um die Wiederwahl, wie er die Umbenennung seiner Behörde erwägt. Doch nach dem geplatzten ersten Termin, dem Streit im Rathaus und schließlich dem Rückzug der eigentlich mitzuwählenden Sozialreferentin Brigitte Meier liegt etwas mehr Spannung in der Luft als bei einer vorbesprochenen Referentenwahl üblich. Fünf Posten werden vergeben, als dritter soll CSU-Stadtrat Alexander Dietrich zum Personalreferenten gewählt werden. Sollte dieser ein schlechtes Ergebnis bekommen, weil einige SPD-Stadträte der CSU die Schuld an Meiers Fall geben, könnte sich die Stimmung aufschaukeln. "Man weiß ja nie, was vorher alles passiert", sagt Wolowicz.

Geht es nach den Fraktionschefs von SPD und CSU, passiert vorher: nichts. Obwohl einzeln und geheim abgestimmt wird und so mancher klammheimlich Rechnungen begleichen könnte, macht sich SPD-Fraktionschef Alexander Reissl keine Sorgen. Alle sollten ihre Emotionen im Griff haben, sagt er, auch wenn seine Partei den Posten von Meier, die ihre Kandidatur nach Schlampereien bei der Abrechnung von Flüchtlingskosten zurückzog, nun ausschreiben muss. Sein CSU-Kollege Hans Podiuk erwartet "kleinere Querschüsse", jedoch von der Opposition.

Linke und ÖDP haben bereits einen Antrag gestellt, der wohl ein Novum in der Geschichte der Referentenwahlen herbeiführen soll: Alle Kandidaten, die von der Rathausmehrheit vorab ausgewählt wurden, sollen sich und ihre Ziele nochmals vorstellen. "Alles Theater", sagt SPD-Fraktionschef Reissl. Alle fünf seien als amtierende Referenten oder Stadträte bestens bekannt. Die SPD will erst am Morgen vor der Wahl entscheiden, ob sie dem Antrag zustimmt; die CSU will sich ihr anschließen.

Die Eignung der Kandidaten wird keine Rolle mehr spielen. Die formalen Voraussetzungen bringen alle fünf mit. Ein jahrzehntelang entscheidendes informelles Kriterium erfüllt aber nur knapp die Mehrheit: Drei der fünf sind Juristen, die angehende Bildungsreferentin Beatrix Zurek, der designierte Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle und Dietrich. Wer München regieren wollte, ob als Stadtminister oder Bürgermeister, hatte früher fast immer Recht studiert. Deshalb gehen Baureferentin Rosemarie Hingerl (Dipl-Ing. Architektur) und der Germanist Wolowicz ihre Wiederwahl als Exoten an. Wobei: Der Kämmerer verweist wie Ministerpräsident Horst Seehofer auf seine Zusatzqualifikation als "Erfahrungsjurist". Ein neuer Name für sein Haus wird auch deswegen nicht nötig sein.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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