Rathaus:Aus der Babypause in die Chefetage

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Ihre Wahl auf Vorschlag der CSU wertet Stephanie Jacobs, Mutter zweier kleiner Kinder, als "politisches Signal". (Foto: sru)

Ihren ersten Arbeitstag hat die neue Gesundheits- und Umweltreferentin Stephanie Jacobs bei den Flüchtlingen am Hauptbahnhof verbracht. Im Büro will sie sich erst einmal einarbeiten, bevor sie sich dem Luftreinhalteplan und Themen rund ums Kind zuwendet

Von Dominik Hutter

Viel Zeit hat sie noch nicht in ihrem neuen Büro verbracht. Der erste Arbeitstag von Stephanie Jacobs fand vor allem am Hauptbahnhof statt: Das Flüchtlingsdrama am Dienstag beschäftigte auch die neue Gesundheits- und Umweltreferentin der Stadt München, deren Behörde dort drei medizinische Teams zur Erstuntersuchung im Einsatz hat. "Idealisten am Werk", lautet das erste Urteil der 38-Jährigen über die eigenen Leute. "Ich wollte mich informieren, wie es so abläuft." Das ist ohnehin ihr Motto für die Startphase: "Einarbeiten, nicht vorpreschen mit irgendwelchen politischen Ideen." Der Premieren-Tag endete spät bei einer Lagebesprechung mit Polizei, Regierungspräsident und Vertretern der Stadt. Der Mittwoch war dann für einen Besuch in der Bayernkaserne reserviert.

Nun sitzt Jacobs beim Kaffee im Chefbüro des Referats an der Bayerstraße und man kann ihr anmerken, wie ungewohnt das alles noch ist. Die parteilose Juristin, einst Vizechefin des Europareferats im bayerischen Umweltministerium, kommt frisch aus einer eineinhalbjährigen Babypause. Und hält es für ein "politisches Signal", dass die CSU, die das Vorschlagsrecht für den Posten hatte, einer Mutter zweier kleiner Kinder eine solche Aufgabe zutraut. Ihre beiden Jungs, 15 Monate und vier Jahre alt, hat sie in einer städtischen Kindertagesstätte untergebracht. Jacobs' Mann ist ebenfalls berufstätig, er ist Steuerberater.

"Man muss sich einfach trauen", sagt sie und räumt durchaus ein, dass es ihr anfangs etwas mulmig war, sich für die Leitung einer Behörde mit mehr als 900 Mitarbeitern zu bewerben. Aber das sei wohl ein typisches Frauenproblem: "Vieles scheitert nur daran, dass man es sich nicht zutraut." Sie wird in den nächsten Tagen, falls sie nicht kurzfristig zum Hauptbahnhof muss, vor allem durch die Abteilungen des eigenen Hauses tingeln. Eines Hauses, dessen Umweltabteilungen 22 Jahre lang vom Grünen-Politiker Joachim Lorenz geführt wurden. Der Bereich Gesundheit kam nur wenige Jahre später dazu. Das prägt. Jacobs will am Anfang vor allem zuhören, ihre Mitarbeiter kennenlernen, Themen erfassen. Ein "sehr nettes, sehr weibliches Haus" sei die Bayerstraße 28a.

In die "Big Points", wie sie es nennt, hat sich Jacobs im dreiwöchigen Familienurlaub an der Ostsee eingelesen. Strandlektüre. Es gab bereits mehrere Gespräche mit ihrem Vize Manfred Jagusch, der die Behörde seit dem Ausscheiden ihres Vorgängers Lorenz Ende Mai geführt hatte. Die ersten wichtigen Termine stehen fest: Am 18. September tagt der als Wespennest berüchtigte Aufsichtsrat des städtischen Klinikums. Am 24. September muss Jacobs erstmals als neue Referentin im Gesundheitsausschuss des Stadtrats auftreten. Dabei soll es unter anderem um die Ausweitung der Karies-Prophylaxe gehen.

Der neuen Referentin sind vor allem Themen rund ums Kind wichtig. Kinder seien nun einmal "unsere Zukunft", auch wenn es abgedroschen klingt. Jacobs will sich um Ernährung kümmern, um Gesundheit, aber auch um Suchthilfe. Die boomende Stadt München müsse lebenswert bleiben. Zunächst aber, das weiß Jacobs schon jetzt, werden der Luftreinhalteplan im Vordergrund stehen und die Richtlinien, nach denen Fördergelder aus dem millionenschweren Programm E-Mobilität verteilt werden. Ob es Tempolimits geben muss, soll eine Studie ergeben. Eine autofreie Altstadt hält Jacobs jedoch für unrealistisch. Sympathisant Lorenz habe immerhin 22 Jahre im Chefbüro des Referats verbracht: "Und hat er es geschafft?"

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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