Prozess wegen Untreue:Polizist zweigt 40 000 Euro ab - zwei Jahre Haft auf Bewährung

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Die Polizeiinspektion 11 in München. (Foto: Catherina Hess)
  • Ein Polizist hat aus der Kasse der Altstadt-Inspektion 11 über Monate hinweg Geld abgezweigt - knapp 40 000 Euro.
  • Wegen Untreue in 220 Fällen verurteilte ihn das Schöffengericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.
  • Aufgrund der Höhe der Strafe ist Andreas S. seinen Job als Polizist für immer los.

Von Andreas Salch

Die Polizeiinspektion 11 in der Hochbrückenstraße gilt als die Vorzeigewache der Münchner Polizei. Mit mehr als 200 Mitarbeitern ist sie eine der größten im Freistaat. Sie hat schon oft als Filmkulisse gedient. Etwa als "Polizeiinspektion 1" mit Walter Sedlmayr oder in der Serie "München 7" von Franz Xaver Bogner. Doch im vergangenen Jahr wurde die Altstadt-Inspektion Schauplatz eines echten Kriminalfalls, der an diesem Donnerstag vor einem Schöffengericht am Münchner Amtsgericht verhandelt wurde.

Was dem Angeklagten vorgeworfen wird

Angeklagt war der Polizeiobermeister Andreas S. Der 41-Jährige, der bei der PI 11 für die Verwaltung von Verwarnungsgeldern und anderen Einnahmen zuständig war, hat sich neun Monate lang aus der Kasse der Inspektion bedient. Mit dem Geld beglich S. angeblich vor allem Schulden. Insgesamt zweigte er 37 836,78 Euro ab. Wegen Untreue in 220 Fällen verurteilte ihn das Schöffengericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Aufgrund der Höhe der Strafe ist Andreas S. seinen Job als Polizist für immer los.

Mit der Tat sei das "Ansehen der bayerischen und insbesondere der Münchner Polizei massiv geschädigt" worden, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Er forderte zweieinhalb Jahre Haft. Während der Verlesung der Anklageschrift kauerte Andreas S. die meiste Zeit mit vorgebeugtem Oberkörper auf seinem Platz auf der Anklagebank und blickte auf den Boden.

Warum S. sich verschuldet hat

"Was ist passiert?", frage Richterin Gertrud Schröder schließlich. Andreas S. schaute auf und sagte: "Ich bin nicht stolz darauf, was ich gemacht habe. Es tut mir brutal leid." Er schäme sich vor seinen Kollegen, sagte S. dann unter Tränen. Durch die Scheidung von seiner ersten Frau sei er in eine "finanziell desaströse Situation" geraten, erklärte der 41-Jährige. Die hohen Unterhaltskosten für die beiden Kinder aus dieser Ehe hätten ihm zu schaffen gemacht. Monat für Monat seien neue Forderungen hinzugekommen.

2011 heiratete Andreas S. wieder. Seine Frau brachte ein Kind mit in die Ehe und wurde von ihm schwanger. Das Geld hätte hinten und vorne nicht gereicht. Ständige Reparaturkosten, Miete, Versicherung und Gehaltspfändungen seinen ihm "ins Haus geflattert", sagte der 41-Jährige. Zeitweise hätten er und seine Frau von Hartz IV gelebt. "Dann habe ich halt Geld aus der Kasse genommen", gestand Andreas S.

Wie das Geld abgezweigt wurde

Dass er zu wenig Geld zur Verfügung gehabt habe, sei schwer vorstellbar, entgegnete Richterin Schröder. Immerhin verfügte Andreas S. zuletzt über ein Einkommen von 3200 Euro netto inklusive Kindergeld. Im Juli 2013 habe sich seine finanzielle Situation zugespitzt, sagte S. Seine zweite Frau habe ein Verhältnis mit einem anderen Mann angefangen. "Dass sie mich verlässt, wollte ich absolut verhindern", so der 41-Jährige. Er habe seiner Frau und seinen Kindern etwas bieten wollen und habe mehr Geld gebraucht. Geld, das aus der Polizeikasse stammte.

Damit dies nicht auffällt, entwickelte der 41-Jährige ein Art Schneeballsystem. Dabei zweigte er Geld für sich ab. Neue eingehende Beträge nutzte er dazu, um die Löcher in der Bilanz zu stopfen, die aus seinen Entnahmen stammten. "Sie mussten doch damit rechnen, dass das jederzeit auffliegt", fragte Richterin Schröder Andreas S., worauf der erwiderte: "Ja, aber ich habe gehofft, dass ich einen Kredit bekomme." Den bekam er aber nicht. Dafür einen Eintrag bei der "Schufa", dass er nicht mehr kreditwürdig sei.

Dass der 41-Jährige über neun Monate hinweg unbemerkt Geld für sich abzweigen konnte, lag aber vor allem an den laxen internen Kontrollen. Am 3. April vergangenen Jahres habe er sich gefragt, so S.: "Wie komme ich raus aus dieser Nummer?" Die ständigen Geldprobleme seien ihm zu diesem Zeitpunkt endgültig über den Kopf gewachsen.

S. stellte sich beim Landeskriminalamt und legte ein umfassendes Geständnis ab - notgedrungen. Denn er wusste, dass er von seinem Posten als Polizeikassenbeamter abberufen werden sollte. Spätestens dann wäre ohnehin alles aufgeflogen. Seit seiner Suspendierung arbeitet S. als Küchenhilfe. 5000 Euro hat er inzwischen verdient. Das Geld übergab seine Anwältin Berna Behmoaram für die Schadenswiedergutmachung.

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