Prozess um Doppelmord in Portugal:Bissspuren beim Angeklagten

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Gunnar D. schweigt, doch der Verdacht gegen ihn erhärtet sich: Laut einer Gutachterin stammt eine Bisswunde des mutmaßlichen Doppelmörders von Portugal mit "hoher Wahrscheinlichkeit" von Opfer Georgina Z.

Christian Rost

Auf dem Überwachungsvideo vom Flughafen Faro in Portugal sind Mutter und Tochter noch einmal lebend zu sehen. Die 21 Monate alte Alexandra steht in einem weißen Kleidchen neben Georgina Z., 30. Sie warten auf Gunnar D., der gerade die Schlüssel für den Mietwagen abholt. Wenig später fahren alle drei in einem silbernen VW davon. Das Video, das am Montag im Prozess um einen Doppelmord in Portugal am Münchner Schwurgericht gezeigt wurde, könnte die Aufnahme einer x-beliebigen Urlauberfamilie an der Algarve sein. Doch die Mutter ist vier Tage später, am 10. Juli 2010, tot, und das Mädchen zunächst spurlos verschwunden. Sieben Monate später entdecken Angler Leichenteile des Kindes an unzugänglichen Klippen am Meer. Der Vater wird verhaftet und wegen Doppelmordes angeklagt.

Gunnar D. ist wegen zweifachen Mordes angeklagt. (Foto: dapd)

Seit März wird gegen Gunnar D. verhandelt. Der 45-Jährige bestreitet, für den Tod seiner Geliebten und der gemeinsamen Tochter verantwortlich zu sein. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass er die Mutter beim Baden ertränkte und das Kind auf unbekannte Weise umbrachte. Das vermutete Motiv: Er wollte keinen Unterhalt zahlen und die Beziehung zu der Frau aus Stuttgart vor seiner Lebensgefährtin, mit der er in München lebte, verbergen.

Abgesehen von dem Satz "Das entspricht nicht der Wahrheit" hat sich der angeklagte Techniker vor Gericht bislang nicht zum Tatvorwurf geäußert. In der Untersuchungshaft, wo ihn seine Eltern und seine Lebensgefährtin unter Polizeiaufsicht besuchen dürfen, zeigte er sich gesprächiger. Kriminalhauptkommissar Jürgen Mutenzer erinnerte sich im Zeugenstand, dass D. von "Ungerechtigkeit" gesprochen habe. Er habe "niemandem etwas zu Leide getan", es gebe "viele Missverständnisse". Die Reise habe er nur zum besseren Kennenlernen von Alexandra unternommen, von deren Existenz er noch nicht lange gewusst habe. Nachdem Georgina Z. im Meer ertrunken war, habe er "nichts mehr für die Frau tun können", sagte D. Wo danach das Kind abgeblieben sei, habe er nicht gewusst. Zu Mutenzer sagte D., dass er aufschreiben werde, "wie es wirklich war". Die Aufforderung des Polizisten, mit seiner Wahrheit endlich herauszukommen, ließ D. unkommentiert.

Auch der Vorsitzende Richter Michael Höhne nahm den Angeklagten beim Wort. Gunnar D. hatte im Gefängnis noch erklärt, er werde "es dem Richter sagen", woher eine Fleischwunde an seinem linken Unterarm stammt. Höhne: "Jetzt wäre die Gelegenheit dazu." Der Angeklagte sagte nichts dazu. Gabriele Lindemeier, Zahnexpertin am Institut für Rechtsmedizin, erkannte in der Wunde eine "Bissspur". Mit "hoher Wahrscheinlichkeit" stamme sie von Georgina Z. Die Anklage geht davon aus, dass sich die Frau heftig gewehrt hatte, als D. sie im Meer unter Wasser gedrückt und ertränkt haben soll. Lindemeier sagte, dass die Frau offenbar in einer Abwehrreaktion "sehr tief und sehr kräftig" zugebissen habe. Seiner Lebensgefährtin in München hatte D. die Wunde noch als Kletterverletzung zu erklären versucht.

Die Verteidigung musste am Montag eine weitere Tatsache zur Kenntnis nehmen. Anwalt Sascha Petzold hatte eine Epilepsie bei Georgina Z. als mögliche Ursache für das Ertrinken genannt. Die Polizei befragte deshalb alle 14 Ärzte, bei denen Z. je in Behandlung war, nach Hinweisen auf eine solche Erkrankung. Die Mediziner verneinten dies. In einem neuen Beweisantrag verlangte Petzold ein meteorologisches Gutachten. Damit will er nachweisen, dass ein Zeuge am Strand von Lagos wegen der gleisenden Sonne gar nicht habe sehen können, was sich zwischen G. und D. im Wasser abgespielt hatte. Der Zeuge, ein 75-jähriger Portugiese, hatte keinerlei Zweifel: "Er hat sie getötet."

© SZ vom 28.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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