Prozess:Streit um Impfschaden

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  • Eine einfache Grippeimpfung soll ihren Sohn erst gelähmt und dann getötet haben: Die Eltern verklagten daraufhin die Kinderärztin und scheiterten nun vor Gericht.
  • Von einem Impfschaden waren damals allerdings auch Experten des Münchner Versorgungsamts ausgegangen.
  • Die Arzthaftungskammer des Landgerichts München I teilt diese Auffassung nicht und wies die Klage ab.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Bis heute ist ein Münchner Elternpaar davon überzeugt, dass eine Grippe-Impfung den damals neunjährigen Sohn gelähmt und im Jahr 2013 getötet hat. Die Arzthaftungskammer des Landgerichts München I teilt diese Auffassung nicht: Sie hat am Mittwoch die Klage gegen eine Kinderärztin auf 300 000 Euro Schmerzensgeld abgewiesen.

Das Gericht folgte damit der Meinung des Sachverständigen, der keine Behandlungsfehler festzustellen vermochte. Dieser Experte, Facharzt für Kinderheilkunde und Chefarzt der Neuropädiatrie einer nordrhein-westfälischen Uni-Klinik, hält es auch für eher unwahrscheinlich, dass die im Impfstoff enthaltenen Viren und Bakterien Auslöser einer Entzündung des Rückenmarkquerschnitts gewesen seien, an der das Kind schließlich gestorben ist.

Der Schüler hatte zeitweilig unter asthmaartigen Erkrankungen gelitten, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Allergie. Gerade deshalb hatte seine erfahrene Kinderärztin zur Grippe-Impfung geraten. "Drei Wochen später spürte das Kind ein Kribbeln in den Beinen und Taubheit in den Zehen", schilderte später Klägeranwalt Jürgen Klass.

Warum die Klage scheiterte

"Es begann eine rund achtmonatige Odyssee durch Arztpraxen und Krankenhäuser in Oberbayern - verbunden mit stärksten Schmerzen. Doch helfen konnte ihm niemand mehr, die Entzündung dehnte sich über das gesamte Rückenmark aus", sagte Klass. Der Gerichtssachverständige meinte in der Verhandlung dazu aber, dass sich die Klinikärzte zu sehr auf die Impfung als Krankheitsursache verlassen und nicht nach anderen Ursachen gesucht hätten.

Von einem Impfschaden waren damals allerdings auch Experten des Münchner Versorgungsamts ausgegangen, die schon bald diese Ursache anerkannt, das Kind als zu 100 Prozent schwerbehindert eingestuft und ihm Grundrente zugesprochen hatten. Diese amtliche Beurteilung habe jedoch für das Urteil keine bindende Wirkung, stellt nun die 9. Zivilkammer fest. Ein Zusammenhang zwischen Impfung und der sehr seltenen Erkrankung "Myelitis transversa" sei nicht nachzuweisen gewesen.

Der Sachverständige hatte dem Gericht auch erklärt, dass die Münchner Ärztin bei der Indikation und Durchführung der Grippeschutzimpfung keinerlei Fehler begangen habe. Offen ist, ob die Eltern des Kindes das Urteil akzeptieren oder beim Oberlandesgericht Berufung einlegen werden.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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