Prozess:"Ich weiß nichts und war auch nicht dabei"

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Der wegen eines Kriegsmassakers angeklagte Josef Scheungraber bestreitet weiter, von den Greueltaten an italienischen Zivilisten gewusst zu haben.

Alexander Krug

Der wegen eines Massakers an italienischen Zivilisten im Juni 1944 angeklagte ehemalige Wehrmachtsleutnant Josef Scheungraber, 90, bleibt bei seiner Einlassung, nicht einmal Kenntnis von dem Geschehen zu haben. Am 24. Verhandlungstag wurde er am Montag im Schwurgericht mit früheren Aussagen konfrontiert, die diese Behauptung weiter zweifelhaft erscheinen lassen.

Die Überstellung des mutmaßlichen KZ-Wächters John Demjanjuk aus den USA steht offenbar unmittelbar bevor. Das Foto stammt aus dem Jahr 2005. (Foto: Foto: AP)

Scheungraber soll im Juni 1944 nach einem Partisanenangriff den Befehl zu einem Vergeltungsschlag gegeben haben, bei dem in dem Weiler Falzano di Cortona in der Toskana 14 Zivilisten getötet wurden. Bereits Anfang 2005 war Scheungraber dazu erstmals in seinem Haus in Ottobrunn vernommen worden. Zunächst hatte er behauptet, zum fraglichen Zeitpunkt an der Schlacht bei Monte Cassino teilgenommen zu haben.

Auf Vorhalt von Zeugenaussagen räumte er dann ein, dass es einmal einen "unangenehmen" Zwischenfall mit Partisanen gegeben habe. Scheungraber erinnerte sich dann daran, dass er nach dem Tod zweier deutscher Soldaten den "Bürgermeister"von Falzona angewiesen habe, alle Bewohner auf dem Dorfplatz antreten zu lassen. "Mindestens 17 junge Männer" seien dann ausgesondert und der Feldgendarmerie übergeben worden. "Was mit ihnen weiter geschah, weiß ich nicht", erklärte Scheungraber.

Im Januar 2007, also erst zwei Jahre später, wurde Scheungraber ein zweites Mal vernommen. Diesmal erinnerte er sich detaillierter, berichtete von drei Männern aus seiner Kompanie, die er losgeschickt habe, um ein Fahrzeug zu requirieren. Als die nicht zurückkamen, sei er selbst losgefahren, um sie zu suchen. Er habe dann die Leichname von zwei Kameraden gefunden und habe mit einem Zug das Dorf umstellt.

"Der Platz eines Kompanieführers muss dann bei der Kompanie sein. Er kann dann nicht ins Kino gehen", räumte Scheungraber ein. Dann müsse er doch zumindest auch etwas über die Sprengung des Hauses mit den gefangenen Zivilisten wissen, fragte ein Vernehmungsbeamter. Doch Scheungraber bestritt dies. "Ich weiß davon nichts und ich war auch nicht dabei", erklärte er. Er habe an "keiner solchen Aktion" mitgewirkt, was die Feldgendarmerie mit den Gefangenen gemacht habe wisse er nicht.

Gerade diese Aussage halten die Ermittler für unglaubwürdig. Scheungraber war damals Kompanieführer. Ehemalige Mitglieder seiner Kompanie haben bereits als Zeugen das Massaker bestätigt, teilweise, weil sie selbst dabei waren, teilweise, weil sie von anderen Kameraden davon erfahren haben.

Dass ausgerechnet der Kompanieführer nichts von der Tötung der Gefangenen wisse, ist aus Sicht der Ermittler nicht nachvollziehbar. Zentrale Frage aber bleibt, ob Scheungraber persönlich den Befehl zu dem Massaker gab. Einen definitiven Beweis, etwa durch einen Zeugen, gibt es bislang nicht.

Das Gericht will in dieser Woche noch einen weiteren Zeugen per Videoschaltung vernehmen. Geplant ist auch, dass der Kölner Historiker Carlo Gentile sein Gutachten erstattet. Auch der Militärhistoriker Peter Lieb von der britischen Militärakademie in Sandhurst soll noch einmal gehört werden.

© SZ vom 17.03.2009/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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