Prozess gegen Studenten:Verbrechen für zehn Euro

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Nach einem Clubbesuch prellt ein betrunkener Student aus Starnberg einen Taxifahrer und verletzt ihn schwer - ein Verbrechen, das mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird. Das Urteil des Schöffengerichts fällt dennoch moderat aus.

Verteidiger Michael Csüros legt dem Vorsitzenden des Schöffengerichts eine Bescheinigung der Bundeswehr vor, in der sein Mandant in den höchsten Tönen gelobt wird. Der Anwalt will damit unterstreichen, dass Michael H. eigentlich ein anständiger Kerl ist. Denn was die Staatsanwaltschaft dem Studenten aus Starnberg am Donnerstag vorhält, lässt anderes vermuten: Der Anklage zufolge ist der 24-Jährige ein Räuber und Schläger, der auf Taxifahrer losgeht.

Am Abend des 10. März war H. mit zwei Freunden beim Feiern in der 089-Bar. Dort tranken sie eine Flasche Wodka mit Red Bull, ehe sich der Student ziemlich betrunken und ohne einen Cent in der Tasche auf den Heimweg machte. In der Trambahn schlief er ein, erst draußen in Moosach wachte er wieder auf und nahm sich ein Taxi zurück zum Leonrodplatz, wo er in einer WG wohnt. Den Fahrer Jwad K. ließ er vor einer Sparkassenfiliale halten, um am Automaten Geld für den Fahrpreis von 10,50 Euro zu ziehen. Der Angeklagte bekam aber kein Geld, sein Konto war leer. "Dann habe ich die größte Dummheit gemacht", erzählte er reumütig.

Er zeigte nicht etwa dem Chauffeur einen Ausweis mit dem Hinweis, er werde das Geld überweisen, sondern rannte davon. Jwad K. setzte ihm nach und holte ihn aus einem Gebüsch. Sofort stieß der Student den Verfolger mit beiden Händen von sich - K. schlug rückwärts auf dem Boden auf. Er erlitt Schürfwunden und einen Bandscheibenvorfall: Seither kann er nur noch eingeschränkt Taxi fahren.

Die Polizei kam rasch auf Michael H. anhand seiner Daten im Geldautomaten. Gegen ihn wurde wegen räuberischer Erpressung und vorsätzlicher Körperverletzung ermittelt - wegen eines Verbrechens also, das mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird. Das habe sich ja alles gelohnt wegen 10,50 Euro, stellt Richter Kai Dingerdissen trocken fest.

Der Student bedauerte sein Verhalten, entschuldigte sich bei Jwad K. und versprach ihm 2600 Euro Schmerzensgeld. Die Prozessbeteiligten verständigten sich dann darauf, dass der Fall als nur minderschwer anzusehen sei. So fiel das Urteil des Schöffengerichts moderat aus: H. muss eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro zahlen.

© SZ vom 30.12.2011/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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