Prozess gegen O. Shanti:Opfer will seinen Peiniger nicht sehen

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Im Prozess gegen den mutmaßlichen Kinderschänder Oliver Shanti lässt das Gericht Sichtblenden anbringen.

Alexander Krug

Im Prozess gegen den mutmaßlichen Kinderschänder und Sektengründer Ulrich S. alias Oliver Shanti wurde am Donnerstag der Glaskasten, in dem der Angeklagte sitzt, mit Sichtblenden verdunkelt. So soll verhindert werden, dass ein Opfer des 60-Jährigen von Angesicht zu Angesicht mit dem Angeklagten sitzen muss. Die junge Frau, die als Kind von Shanti missbraucht worden sein soll, hatte ein Attest vorgelegt. Danach droht bei der heute 32-Jährigen eine "Retraumatisierung", wenn sie Shanti wiedersehe. Die Öffentlichkeit wurde während ihrer Aussage ausgeschlossen.

Muss im Gerichtssaal in einem Glaskäfig sitzen: Der Angeklagte Oliver Shanti. (Foto: Foto: Haas)

Die Anklage wirft Shanti sexuellen Missbrauch von Kindern in 314 Fällen vor. Als Sektenführer soll er sich in München und später in Portugal von 1985 bis 1998 systematisch an mehreren Kindern seiner Anhänger vergangen haben. Die erste am Donnerstag geladene Zeugin lebte damals auf der Finca, wo ihr Vater als Gärtner arbeitete.

Laut Anklage missbrauchte Shanti sie zwischen dem 13. und 14. Lebensjahr fast 200-mal. Ihre Anwältin Carmen Hapke hatte beantragt, Shanti während der Aussage aus dem Saal entfernen zu lassen. Aufgrund des damaligen Abhängigkeitsverhältnisses könnte die Zeugin aus Angst nicht die Wahrheit sagen. Auch könnten psychische Folgen wie ein Nervenzusammenbruch oder eine Art Schockstarre nicht ausgeschlossen werden.

Die Verteidiger wiesen das Ansinnen der Nebenklagevertreterin zurück. Jeder Angeklagte habe das Recht, ihn belastende Aussagen anzuhören. Das Gericht reagierte mit einem Trick auf dieses Dilemma: Der Glaskasten, in dem der mit einem Keim belastete Shanti sitzen muss, wurde an zwei Seiten verdunkelt. An der dritten zu einer Wand gelegenen Seite wurde ein Monitor aufgestellt, auf den die Aussage der Zeugin übertragen wird. Richter Stephan Kirchinger machte deutlich, dass der Angeklagte selbst keinerlei Fragen stellen dürfe, dies dürften nur seine Anwälte. Shanti müsse sich jedweder Äußerung enthalten. "Sonst lasse ich Sie aus dem Saal entfernen", mahnte er. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

© SZ vom 28.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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