Projektmanagement:Ein Sommerfest als Seminaraufgabe

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Geschäftsführerin Lisa Graef liegt im Schaufenster ihres Einrichtungsladens "Abovo" auf einem mit Luft gefüllten Kissen - ihr Beitrag zum "Airleben". (Foto: Stephan Rumpf)

Für das Open Air am Gärtnerplatz organisieren Studenten der Kunstwissenschaften das gesamte Rahmenprogramm

Von Victoria Michalczak

Es ist laut in dem kleinen Seminarraum im Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Immer mehr Studierende des Departments für Kunstwissenschaften trudeln ein zum Seminar "Sommer am Gärtnerplatz", setzen sich in ihren Arbeitsgruppen zusammen und reden durcheinander. Rund 35 sind es, darunter nur fünf junge Männer. Stifte, Handys, Ordner und Frühstücksdosen liegen verstreut auf den weißen Tischen. Dazwischen stapeln sich die frisch bedruckten T-Shirts und die Namensschildchen für das Wochenende.

Dana Pflüger ruft in den Raum: "Ich würde sagen, wir fangen an mit unserer letzten Sitzung vor dem Open Air!" Die Laptops auf den Tischen klappen auf. Dana Pflüger ist Koordinatorin des Praxisbüros Kunstwissenschaften an der LMU und leitet das Seminar "Sommer am Gärtnerplatz" in diesem Jahr zum dritten Mal. Sie hat das Projektmanagement rund um das Gärtnerplatzfest vor sechs Jahren an die Uni geholt. Eigentlich sollte sie nur das Programmheft gestalten, jetzt organisieren ihre Studenten das ganze Rahmenprogramm für das Straßenfest.

Alle zwei Jahre findet auf dem Gärtnerplatz ein kostenloses Open-Air-Festival statt. Dazu gehören ein Konzert des Staatstheaters am Gärtnerplatz und die Auftritte verschiedener Künstler. Diesmal steht unter anderem japanische Trommelkunst und ein Jazzkonzert einer Prager Big Band auf dem Programm. Die Studierenden haben Werbespots gedreht, Pressematerial erstellt und eine Gruppe VJs engagiert, die passend zur Musik Videos auf einer LED-Wand zeigt. Sie verteilen kostenlose Jutebeutel mit Süßigkeiten, Getränken und kleinen Überraschungen darin. Dazu haben sie sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Sie bieten vor Ort Workshops an, in denen Besucher ihre Beutel mit Filz, elektrisch leitenden Fäden und Lämpchen besticken können, sodass sie leuchten. Für Kinder lässt sich ein leuchtendes Armband basteln.

Zum Fest gehört wie schon in den vergangenen Jahren ein Schaufensterwettbewerb. Die Geschäfte im Gärtnerplatzviertel gestalten ihre Auslagen zum Motto des Fests und können Preise gewinnen. Darum kümmert sich die Gruppe um Judith Barthel, die jetzt von ihrem Fensterplatz aufsteht und laut in den Seminarraum spricht: "Die Schaufenster sind alle dekoriert und wir haben fast alle fotografiert." Die Kunstwissenschaftler haben eine eigene Facebookseite erstellt. Dort sammeln sie die gemeldeten Schaufenster-Dekorationen zum Thema "Airleben", in Anspielung auf das Open Air und das Erleben mit allen Sinnen, das diesmal beim Gärtnerplatzfest im Mittelpunkt stehen soll. Judith Barthel und ihre Arbeitsgruppe haben alle Läden im Viertel persönlich eingeladen, mitzumachen. Das Interesse war groß, 19 Läden nehmen schließlich teil. Viele Inhaber hätten sich wirklich Mühe gegeben, teils eine ganze Nacht hindurch an der Auslage gearbeitet, erzählt die Gruppe.

Oft sind die jungen Organisatoren durchs Viertel gelaufen, stundenlang, haben fotografiert, motiviert und kontrolliert. "Wenn man ein klassisches Uni-Seminar will, braucht man das nicht zu machen", meint Luca Daberto. Er findet: "Es war schon ein anstrengender Kurs." Die anderen pflichten ihm bei. Sie alle studieren zwar Fächer, die mit Kunst zu tun haben, also mit etwas Praktischem, das Studium ist aber sehr theoretisch ausgelegt. Deshalb ist das Seminar "Sommer am Gärtnerplatz" so beliebt bei den Studenten: Sie wollen endlich mal rauskommen. Außerdem sei es wichtig, sich praktisches Wissen für den Beruf anzueignen, finden die Teilnehmer. Schließlich wollen viele von ihnen nach dem Abschluss in der Münchner Kulturszene arbeiten. In dem ungewöhnlichen Seminar kommen Studierende aller Fachrichtungen aus dem Department Kunstwissenschaften zusammen: Musik- und Theaterwissenschaften, Kunstgeschichte, Musik- und Kunstpädagogik. Die Mischung gefällt ihnen, weil sie neue Leute kennenlernen und alle verschiedene Ideen und Fähigkeiten mitbringen.

In den nächsten Tagen entscheidet die Gruppe, welche Schaufenster-Dekoration den Wettbewerb gewinnt. Der Erstplatzierte darf zwischen einem Firmencoaching und einem Fotoshooting für die Mitarbeiter wählen. Die Siegerehrung findet beim Gärtnerplatzfest statt, das an diesem Samstag um 16 Uhr und am Sonntag um 14 Uhr beginnt.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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