Pro:Die Basis der Demokratie

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(Foto: SZ)

Der Stadtrat hat mit den Beiräten wichtige, unmittelbare Ansprechpartner - er müsste sie nur besser nutzen

Von Pia Ratzesberger

Münchens Beiräte sollen die Stadtpolitik beraten, das funktioniert mal mehr und mal weniger gut. Der Mieterbeirat zum Beispiel macht immer wieder auf sich aufmerksam, im vergangenen Jahr setzte er sich gegen Luxussanierungen im Gärtnerplatzviertel ein, für ein Gesetz zur Zweckentfremdung von Wohnungen. Von anderen Beiräten dagegen hören die Bürger nur wenig, wissen kaum, womit sich diese beschäftigen. Trotzdem ist es wichtig, dass München diese Gremien hat, denn sie stärken die Demokratie von Grund auf - und nur, weil etwas mal nicht funktioniert, sollte man es nicht gleich abschaffen.

Es ist zu einfach mit dem Finger drauf zu zeigen und zu sagen: Die Empfehlungen sind schwammig formuliert, weil so viele in diesen Beiräten mitreden. Diese Empfehlungen hätten ohnehin kein Gewicht, wozu brauche man die Beiräte noch. Schwerer ist es, die Struktur zu verbessern und herauszufinden, wo es hakt. Zu untersuchen, warum die Zusammenarbeit zwischen den Beiräten, dem Stadtrat und den Bürgern manchmal nicht funktioniert und sie zu verbessern.

Allein dass es Beiräte gibt, zeigt den Münchnern, dass sie an der Politik ihrer Stadt teilhaben dürfen und sollen. Dass sie nicht nur als Wähler gefragt sind, sondern eben auch: als Mieter, als Senior. Klar, die Stadtpolitik sollte ihren Bürgern auch ohne Beiräte vermitteln können, dass jeder teilhaben darf, dass jede Meinung wichtig ist. Der Unterschied aber ist: Die Beiräte geben einem die Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzuschließen und so der eigenen Stimme mehr Gewicht zu verleihen.

Die Beiräte haben im Zweifelsfall die Expertise, die dem Stadtrat fehlt. Fachbeiräte wie der Gesundheitsbeirat ohnehin, aber auch die direkt gewählten Gremien wie der Seniorenbeirat oder der Migrationsbeirat. Letzterer kennt die Belange hunderttausender Münchner mit Migrationshintergrund sicher besser als ein Stadtrat, in dem kaum jemand solch einen Hintergrund hat. Der Stadtrat hat mit den Beiräten unmittelbare Ansprechpartner, die Möglichkeit, die jeweils Betroffenen nach ihrer Meinung zu fragen, schnell und unkompliziert: Braucht es ein Gesetz zur Zweckentfremdung von Wohnungen? Wie müsste das ausgestaltet sein? Muss noch mehr gegen Altersarmut getan werden?

Dass die Beiräte trotzdem oft belächelt, ihre Vorschläge nicht ernst genommen werden, liegt nicht unbedingt an ihnen selbst. Zu einer Sitzung des Seniorenbeirates im vergangenen Frühjahr war zum Beispiel nur ein einziger Stadtrat erschienen. Die Beiräte müssen lauter sein, sich in der Stadt bekannter machen, das stimmt. Doch die Politik muss die Beiräte und ihre Empfehlungen auch ernst nehmen. Denn wie in jedem Politikbetrieb braucht es auch in der Stadt München Gremien, die spezifische Interessen spezifischer Gruppen einbringen. Die Beiräte stärken die Basis der Demokratie und das kann gerade in diesen Zeiten nur wünschenswert sein.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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