Pfanzeltschule in Perlach:Das Projekt der offenen Fragen

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Im Herbst beginnt der Modellversuch einer individuellen Ganztagsbetreuung, viele Details sind aber noch ungeklärt

Von Melanie Staudinger

Die Ankündigung von Bildungsreferat, Kultus- und Sozialministerium kam Anfang März überraschend, so überraschend, dass nicht einmal die beiden großen Rathausfraktionen von CSU und SPD rechtzeitig eingeweiht waren. Gemeinsam wolle man an einer Ganztagsgarantie im Grundschulbereich arbeiten, hieß es aus den drei Häusern. Beginnen soll das Kooperationsprojekt von Stadt und Freistaat schon im September, zunächst mit der Grundschule am Pfanzeltplatz in Perlach. Eltern aus dem Sprengel melden sich an diesem Mittwoch, 11. April, ganz regulär an der Schule an. Im Gebäude wird es auch einen Stand der Arbeiterwohlfahrt (Awo) geben, die sich künftig um die komplette Nachmittagsbetreuung kümmert. Hier brauchen die Familien bloß ihre Wünsche angeben: gebundener Ganztagsunterricht oder klassischer Halbtagsunterricht mit flexibler Nachmittagsbetreuung bis 18 Uhr und Angeboten in den Ferien.

Weil damals im März alles ganz schnell gehen musste, mussten Vertreter von Stadt und Freistaat nun viele Gespräche führen, um all die Träger von Mittagsbetreuungen und Horten über das neue Modell zu informieren. Denn noch sind viele Fragen offen. Zum Beispiel, was mit den vielen Mittagsbetreuungen an Grundschulen passiert, die von Eltern gegründet wurden und heute noch von ihnen betrieben werden. Das neue Modell sieht nur noch einen Anbieter von Nachmittagsbetreuung pro Schule vor, der das abdeckt, was bislang von Ganztagsschule, Hort, Tagesheim und Mittagsbetreuung geleistet wird.

"Elterninitiativen könnten die Rolle als Kooperationspartner übernehmen", sagt Beate Frank, Geschäftsführerin des Klein-Kinder-Tagesstätten-Vereins KKT, in dem 158 Mittagsbetreuungs-Initiativen Mitglied sind. Zumindest die größeren Einrichtungen könnten die Rund-um-Sorglos-Betreuung stemmen. Fraglich aber sei, was mit dem Personal dort passiere. Denn in einer Mittagsbetreuung arbeiten nicht nur Fachkräfte. Zwar will das Bildungsreferat der Stadt die Mitarbeiterinnen nachschulen. "Aber will die Leiterin einer Mittagsbetreuung dann als Ergänzungskraft arbeiten?", fragt Frank.

Dass endlich etwas passiert, findet auch der Kreisjugendring München-Stadt wichtig, wie Geschäftsführer Franz Schnitzlbaumer sagt. Allerdings fehle ihm die Mitbestimmung der Kinder. "Der kleine Weg von der Schule zum Hort ist eine wichtige Lernerfahrung, die nun verloren gehen würde", sagt er. Offen sei auch die Raumfrage. Denn die wenigsten Münchner Schulen haben ausreichend Platz, eher leiden sie an Überfüllung. "Wir brauchen aber kindgerechte Räume", fordert Schnitzlbaum. Zudem sei die Finanzierungsfrage ungeklärt, wie Monika Kleck, die zweite Vorsitzende des Vereins Initiativgruppe, erläutert. Im Modellprojekt sind die Träger relativ flexibel, welches Personal sie einsetzen. Geht das Ganze aber später einmal in den Regelbetrieb, müssten die strengen Vorgaben des bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) eingehalten werden, das bestimmte Fachkraftquoten vorschreibt. Doch schon jetzt fehlten massenhaft Erzieher.

Der Bildungsausschuss des Stadtrats wird an diesem Dienstag das Projekt "Kooperative Ganztagsbildung" in seinen Grundzügen billigen. "Wir sind sehr zufrieden mit der Vorlage", sagt SPD-Bildungsexpertin Birgit Volk. Auch CSU und Grüne werden zustimmen. "Ich bin froh, dass nun ein Modell kommt, das den Eltern wirklich hilft", sagt CSU-Bildungssprecherin Beatrix Burkhardt. Es dürfe aber nicht nur um Betreuung gehen, sondern auch um pädagogische Angebote: "Sport-, Kultur- und Musikvereine müssen mit an Bord." Das sehen die Grünen ähnlich. "Auch das städtische Jugendamt muss einbezogen werden", sagt Jutta Koller, bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Wenn Kinder von acht bis 18 Uhr in der Schule seien und das auch in den Ferien, bräuchten sie ganz verschiedene Aktivitäten, nicht nur Unterricht.

© SZ vom 10.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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