Personalmangel:Massage inbegriffen

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Pflegekräfte sind rar, deshalb genießen sie besonderen Service

Von Sven Loerzer, München

Wer in der Pflege arbeitet, kann sich vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels aussuchen, wo er eine Stelle antritt. "Gute Fachkräfte zu finden, ist wie ein Sechser im Lotto", sagt Münchenstift-Geschäftsführer Siegfried Benker. Um den Personalbedarf zu decken, setzt das städtische Tochterunternehmen vor allem darauf, beständig eigenen Nachwuchs zu gewinnen: "Wir sind bundesweit der größte kommunale Ausbilder in diesem Bereich und beschäftigen immer etwa 250 Auszubildende." Viele derjenigen, die eine ein- oder dreijährige Ausbildung in der Pflege beginnen, kommen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Fast die Hälfte der Auszubildenden zur Pflegefachkraft stammt derzeit aus Bosnien-Herzegowina, insgesamt sind mehr als 30 Nationen vertreten. "Wir versuchen, uns deshalb auch um Wohnmöglichkeiten zu kümmern", sagt Benker.

Weil die Rekrutierung und Ausbildung von Pflegekräften aus Osteuropa und den EU-Mitgliedsstaaten wegen des Pflegekräftemangels in Deutschland immer wichtiger geworden ist, hat der Heimträger im vergangenen Jahr ein neues Projekt ins Leben gerufen. Der Willkommensservice "jump start" soll sicherstellen, dass die Neuen "gut in München ankommen, sich wohlfühlen und sowohl ihr Privatleben wie auch ihr Arbeitsleben gut meistern". Ihnen sollen zu diesem Zweck Ehrenamtliche zur Seite stehen, die bei Behördengängen helfen und gemeinsam mit den Neuankömmlingen München erkunden. Auch das Umfeld soll stimmen, deshalb ist zum Beispiel eine After-Work-Party im Ampere organisiert worden. In den Münchenstift-Häusern gibt es sogar Shiatsu-Massagen für die Mitarbeiter.

Viele private Heimträger sparen sich die Ausbildung von Pflegekräften, weshalb auch in Bayern die Einführung einer Ausbildungsabgabe im Gespräch ist. Um Pflegekräfte nicht nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss an die Konkurrenz zu verlieren, würde sie Benker gerne besser entlohnen. Er will deshalb aus dem Sanierungstarifvertrag von 2004 stufenweise wieder zurück zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), hin zu einem "TVöD plus", der Pflegekräfte in den ersten Jahren deutlich besser entlohnt. Gespräche mit der Gewerkschaft laufen bereits. Zudem wäre dies das Signal für die Beschäftigten des in den roten Zahlen steckenden städtischen Klinikums, dass die Rückkehr aus einem mit Einschnitten verbundenen Sanierungstarifvertrag zu schaffen ist.

Seit Mitte 2014 hat das Unternehmen als einer von wenigen Heimträgern aber auch die neue Möglichkeit voll ausgeschöpft, Betreuungskräfte, insgesamt rund 90, für die Wohnbereiche einzustellen. "Das ist eine ganz wichtige Entlastung für die Pflegekräfte", sagt Benker. "Und durch zusätzliche Betreuungsangebote können wir eine andere Atmosphäre in die Häuser bringen."

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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