Patrouillen in der Innenstadt:Bitte recht freundlich

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Der Stadt fehlen immer noch Dutzende Mitarbeiter für den geplanten kommunalen Sicherheitsdienst

Von Heiner Effern, Thomas Schmidt

Er soll keine "Polizei light" sein, aber an neuralgischen Punkten der Innenstadt für mehr Ordnung sorgen, er soll keine Waffen tragen, aber auch nicht wegschauen, wenn es Ärger gibt: Läuft alles nach Plan, dann wird die Stadt in einem halben Jahr erstmals ihren neuen "Kommunalen Außendienst - KAD" auf Streife schicken. Gut 100 Mitarbeiter will das Kreisverwaltungsreferat (KVR) für den städtischen Sicherheitsdienst gewinnen, der von Juli 2018 an durch Münchens Straßen patrouillieren soll. 85 Aspiranten hätten sich bis jetzt gemeldet, berichtet KVR-Sprecher Johannes Mayer. Doch nur jeder Zweite komme auch für die Aufgabe in Betracht. Der Stadt bleibt nicht mehr viel Zeit, um ausreichend geeignete Kräfte zu finden, einzustellen und auszubilden.

Die Zahl der Mitarbeiter fiel beim Beschluss des Stadtrats im Sommer 2017 mit mehr als 100 Stellen überraschend hoch aus. Die CSU war zufrieden, die SPD überrascht, die Grünen verärgert. Dann strich die Rathaus-Koalition rückwirkend fast 270 andere städtische Stellen, um den Haushalt zu entlasten. Die CSU erklärte, sie hätte am liebsten noch 100 mehr einkassiert. Dafür hätte man eine Idee, sagte Grünen Stadträtin Katrin Habenschaden. "Auf die 100 Stellen des KAD können wir gerne verzichten." Die CSU hätte ihr Sparziel erreicht, die Grünen den ungeliebten Sicherheitsdienst eingestampft. "Eine schwarz-grüne Win-win-Situation", fand sie. Davon wollte die CSU jedoch nichts wissen, der KAD blieb beschlossene Sache. Nun muss das Kreisverwaltungsreferat also zügig neue Mitarbeiter auftreiben.

Die Behörde will nicht Gefahr laufen, Möchtegern-Sheriffs auf die Bevölkerung loszulassen - deswegen schaut sie sorgfältig hin, wer sich für die Aufgabe bewirbt. Die künftigen Streifen "repräsentieren mit ihrem Auftreten und ihrem Handeln die Stadt", betont das KVR in der Stellenausschreibung. Die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses ist sowieso Pflicht. Angestellte im öffentlichen Dienst müssen zudem bei ihrer Einstellung Fragen zur Verfassungstreue beantworten. Alle Bewerber durchlaufen ein speziell konzipiertes Auswahlverfahren. Wer das übersteht, werde anschließend "intensiv geschult". Der Stadtrat habe sich "für einen freundlichen und gewaltfreien Sicherheitsdienst" entschieden, betont KVR-Sprecher Mayer. Dementsprechend werde man die neuen Mitarbeiter auch ausbilden.

Die Schulungen sollen im April starten und sind thematisch prall gefüllt: Den Mitarbeitern soll Selbstverteidigung ebenso beigebracht werden wie Deeskalation. Körpersprache steht auf dem Stundenplan, Erste Hilfe, Eigensicherung, ein Seminar zur Korruptionsprävention und der "Abbau von Vorurteilen". Der Unterschied zwischen einer Ordnungswidrigkeit und einer Straftat wird gelehrt, die Regeln des Alkoholverbots am Hauptbahnhof erläutert, was beim Betteln erlaubt ist und was nicht. Zudem sollen die Aspiranten praktische Erfahrungen sammeln, indem sie Mitarbeiter der U-Bahnwache, Streetworker und Polizeibeamte im Dienst begleiten.

Der Zeitplan ist eng gesteckt, denn im Juli 2018 sollen bereits die ersten uniformierten Streifen auf die Straße geschickt werden. Dann wird der KAD zwischen Hauptbahnhof, Altem Botanischen Garten, Sendlinger-Tor-Platz und Stachus nächtliche Zecher vergraulen, gegen aggressive Bettler vorgehen, Störer bestrafen und den Bürgern als sichtbarer Ansprechpartner weiterhelfen. Wenn sie es wünschen, erhalten die Sicherheitsleute eine stichfeste Weste und ein Reizgasspray zur Verteidigung. Doch wenn es wirklich gefährlich wird, sollen sie nicht den Helden spielen, sondern die Polizei rufen. Ersatz-Sheriffs sind ausdrücklich unerwünscht.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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