Parteitag:Appell an Bund und Land

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SPD fordert, mehr gegen steigende Preise auf dem Wohnungsmarkt zu unternehmen

Von Heiner Effern

Die SPD will künftig keine städtischen Grundstücke mehr an Bauträger abgeben, die dort neben Miet- auch Eigentumswohnungen errichten. Außerdem fordert die Münchner Parteichefin Claudia Tausend Land und Bund auf, endlich mehr gegen explodierende Grundstücks- und Mietpreise zu unternehmen. Dazu gehöre, dass die beiden Akteure ihre eigenen Grundstücke nicht mehr zu Höchstpreisen veräußerten. Bayern verweigere zudem den Bau von Sozialwohnungen, der Bund müsse die Hoheit darüber wieder nach Berlin verlagern. Die Stadt sei mit ihren Bauprogrammen und Initiativen für bezahlbare Preise zwar "bundesweit führend", doch "alleine werden wir die Wohnungsfrage nicht bewältigen", sagte Tausend am Samstag auf einem Parteitag der Münchner SPD zum Thema Wohnen und Mieten.

Damit die Appelle nicht ungehört verhallen, hatte die Partei ihren bayerischen Vorsitzenden Florian Pronold eingeladen, der praktischerweise in der Berliner Koalition als Baustaatssekretär fungiert. Der lobte seine Partei und damit sich selbst für eine "Erfolgsbilanz" in diesem Bereich und nannte als Beispiele die Abschaffung des bisherigen Maklersystems und die Mietpreisbremse. "Bei kaum einem anderen Thema hat die SPD in den letzten zweieinhalb Jahren so viel durchsetzen können", sagte Pronold. Er räumte aber auch ein, dass diese Erfolge sich bisher auf die Mieter in München eher begrenzt auswirken würden. Denn entscheidende Punkte der Mietpreisbremse habe die SPD eben nicht durchsetzen können: etwa das verpflichtende Offenlegen der Vormiete durch den Eigentümer und einen Rechtsanspruch, zu viel bezahlte Miete auch beim Auszug noch zurückverlangen zu können. Momentan muss der Mieter gleich beim Einzug nachfragen und die Bremse gegebenenfalls einfordern. "Keiner hat aber Lust, sich mit seinem Vermieter anzulegen, wenn er gerade den Vertrag unterschrieben hat", beschrieb Pronold die Realität. Schuld an dieser misslichen Konstellation sei der Koalitionspartner in Berlin, vor allem die CSU.

Damit gab Pronold die politische Linie für den Parteitag vor: Die SPD ist die Kämpferin für die Mieter, während die CSU im Bund und im Land nach Kräften bremst. Der Münchner SPD-Vize Roland Fischer forderte Bürgermeister Josef Schmid (CSU) und dessen Fraktion im Rathaus auf, deswegen "auf die eigenen Leute loszugehen". Doch Schmid ziehe es stattdessen vor, sich "als Schirmherr für Isarbäder" zu inszenieren. Die Münchner SPD legte ihrem Regierungspartner im Rathaus auch schon nahe, auf wen sie losgehen könnte: auf die Landesregierung und insbesondere auf Finanzminister Markus Söder. Dieser habe die GBW-Wohnungen aus dem Besitz der bayerischen Landesbank zu Höchstpreisen verscherbelt. München habe knapp tausend zum Preis von 220 Millionen kaufen müssen, um sie vor privaten Geschäftemachern zu retten. Landeschef Pronold erklärte, Söder habe auch noch gelogen, als er öffentlich darauf verwies, der Freistaat selbst hätte aus rechtlichen Gründen diese Wohnungen nicht kaufen dürfen. Söder solle nun "Buße für die Lüge" leisten und das Geld für 40 000 bis 50 000 neue Wohnungen in Bayern herausrücken. Denn bei allem Kampf auf der Mieterseite, "das, was wir brauchen, ist Neubau".

Das Vertrauen in die Einsicht der bayerischen Staatsregierung ist bei der SPD aber stark begrenzt. "Der Bund muss schnellstmöglich wieder Verantwortung für echte Sozialwohnungen übernehmen - gerade weil die Länder mit Bayern an der Spitze versagen", sagte die Münchner SPD-Chefin Tausend. Doch auch der Bund weiß, wie man auf die Bremse tritt. Zum Beispiel beim Verkauf von Bundeswehrflächen wie an der Dachauer Straße, die er nicht oder nur teuer verkaufen will. Da die SPD dort aber mit in der Regierung sitzt, schimpfen die Genossen lieber auf die Staatsregierung. Hamburg habe siebenmal weniger Einwohner als Bayern, baue aber mehr Sozialwohnungen, sagte SPD-Landeschef Pronold. "Ich bin ein stolzer Bayer, aber das ist beschämend."

© SZ vom 04.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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