Null acht neun:Krämerseelen auf der Wiesn

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Die Stadt will die Marke "Oktoberfest" schützen lassen - angeblich nicht, um Geld zu verdienen. Und dafür gibt es einen eindeutigen Beweis

Von Andreas Schubert

Teilen zu können, ist eine Eigenschaft, die Menschen erst im Laufe des Heranwachsens lernen. "Meins" ist eines der beliebtesten Worte aus Kleinkindermund, gleich nach "Mama", "Papa" oder "Kacka". "Meins" sagt jetzt auch die Stadt München, wenn es ums Oktoberfest geht. Sie will sich den Begriff markenrechtlich schützen lassen. "Meins!" könnte es künftig heißen, wenn einer anderswo eine Sause Oktoberfest nennen will. Will jemand auf seine Schuhcreme "Oktoberfest" schreiben: "Meins!" Eine Oktoberfest-Bettwäsche? "Meins!" Einen Kamm vielleicht? "Meins!"

"Meins, meins, meins!", könnte die Stadt bei Hunderten Produkten und Dienstleistungen rufen, wenn das Amt der EU für geistiges Eigentum, das übrigens im spanischen Alicante sitzt, zustimmt. Und wer dann trotzdem ohne zu fragen das O-Wort auf ein Taschentuch stickt und es verkauft, könnte zur Kasse gebeten werden. Den großen Reibach wolle man aber nicht machen, beteuert die Stadt und verspricht "Augenmaß" bei der "Verteidigung der Marke". Es geht ihr vor allem um das Image dieses schönen traditionellen Volksfestes auf der Theresienwiese.

Aber warum eigentlich nicht Geld verdienen damit? Es wäre doch wunderbar, brächte die Stadt ein eigenes Oktoberfest-Duschgel mit Hendlaroma heraus oder ein innovatives Oktoberfest-Waschmittel, das selbst die hartnäckigsten Kotzflecken beseitigt. Sie könnte ein eigenes Merchandising-Business aufziehen - und würde sie dann selber alle Produkte, für die das Label Oktoberfest geschützt werden soll, auf der Wiesn verkaufen, könnte sie ein eigenes Zelt dafür aufstellen. Von den Einnahmen ließen sich glatt goldene Zäune um die Theresienwiese herum errichten.

Aber genug geblödelt: Das Wirtschaftsreferat ist kein Kaufhaus und Wirtschaftsreferent Josef Schmid kein Krämer. Wenn es aus seiner Abteilung nun heißt, man wolle nur den "guten Namen" des Oktoberfests als "einmalige und ursprüngliche Münchner Veranstaltung" schützen, dann mag man das nur zu gerne glauben. Wer alle zu schützenden Produktgruppen genau anschaut, findet dafür ganz schnell den Beweis: An Arzneimitteln und anderen Medizinartikeln hat die Stadt zum Beispiel kein Interesse. Wäre sie wirklich so raffgierig, wie manche nun vermuten, würden die Münchner Kindl in der Verwaltung bei potenziellen Wiesn-Verkaufshits wie Oktoberfest-Kopfwehtabletten oder Oktoberfest-Schwangerschaftstests doch so laut "meeeiiiins!" plärren, dass selbst die besten Oktoberfest-Ohrstöpsel nichts mehr helfen. Was für die Stadt spricht: Letztere stehen auch nicht auf der Liste.

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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