Nockherberg-Nachtarock:Starkes Bier und ruppige Worte

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Leserbriefe "Nockherberg-Nachbeben: CSU-Ministerinnen und das feinfühlige Derblecken" vom 4. April und die SZ-Berichterstattung über den Starkbieranstich:

Derblecken versus Nachtreten

Mit Aufmerksamkeit habe ich die Diskussion um den Ausstieg von Landtagspräsidentin Stamm und der Kollegin Sozialministerin Müller aus der Kürpflicht amtierender Politikerinnen auf dem Nockherberg verfolgt. Als einer, der aus früheren Jahren weiß, wie leichtfertig das Derblecksystem von Paulaner und BR mit der unterschiedlichen Mentalität der Empfänger ihrer Watschn umzugehen pflegt, ist mir auch bewusst, dass Grenzüberschreitungen mit der menschlichen Psyche der Betroffenen zum Tagesgeschäft gehören.

Weil das so ist, ärgert mich die aktuelle SZ-Debatte mit den Leserinnen, die ohne jeden klärenden Hinweis seitens der Zeitung zulässt, dass den beiden Damen, die sich da vom Nockherberg verabschieden, kurzerhand sachlich Unrichtiges unterstellt wird: Weder Barbara Stamm noch Emilia Müller haben erklärt, dass sie den Nockherberg nicht mehr aufsuchen wollen, weil Frau Kinseher als "Mama Bavaria" einen besonders strengen Erziehungston ihnen gegenüber angeschlagen hat. Sie haben lediglich beklagt, dass der Veranstalter, der Paulaner-Chef, seine Veranlagung zum Nachtreten nicht unterdrücken konnte. "Sie kommen ja doch wieder", wie beleidigt sie auch sein mögen, meinte er zur Absage der beiden Kolleginnen. Wenn das nicht stillos ist?

Derblecken heißt, jemandem einen Spiegel vorhalten, der sich aus dem verzerrenden Panoptikum speist. Soweit so gut. Nachtreten bedeutet, dass einer unnötig hinterher blafft, wo andere den richtigen Ton zu treffen schon Mühe hatten. Dieses Metier beherrscht der Paulaner-Geschäftsführer sichtlich. Hoffen wir, dass seine Biersorten den Wettbewerb mit anderen immer so bestehen, wie er sich fühlt. Dr. Thomas Goppel, München

Gaudi statt Geifer

Die regionale SZ-Leserbrief-Seite erweckt den Eindruck, dass das Volk den Nockherberg-Boykott der Politikerinnen Stamm und Müller unisono nicht goutiert und teils mit arg hämischen Kommentaren glossiert. Viele aber sehen das wie ich ganz anders. Das "Derbleckn", um das es in der "Fastenpredigt" doch gehen sollte, hört sich in guter bayerischer Tradition ganz anders an: Es verletzt nicht, setzt nicht herab, sondern wirkt mit hinterkünftigem, feinsinnigem Spott. Die "Opfer" werden aufgezogen, "naufg'schossen", manchmal derb, aber im Grunde gutmütig, manchmal schadenfroh, aber nicht verächtlich machend. Eine Gaudi eben, eine besondere Kunst, wie sie einst Fastenprediger Walter Sedlmayer und sein Autor Hannes Burger meisterlich beherrschten. Heuer aber wurde in der Fastenpredigt zu oft Geist mit Geifer verwechselt, Humor mit Haudrauf; ein streckenweiser Mangel an Witz und Ideen sollte mit verbaler Rüpelei kaschiert werden. Respekt, wenn Politiker(innen) den Mut haben, ohne Rücksicht auf Publicity und öffentliche Meinung sich nicht alles gefallen zu lassen. Hoffentlich macht das Schule. Die von uns in die Politik gewählten Vertreter sollten uns doch etwas wert sein und von niemandem verächtlich gemacht werden. Peter Maicher, Zorneding

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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