Neues Museum:Eine Münchner Zeitreise

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Die Original-Figuren vom Wittelsbacherbrunnen gelten als Meisterwerke der Spätrenaissance. (Foto: Lukas Barth)

Erst altes Ägypten, jetzt Renaissance: In der Residenz wird noch dieses Jahr ein neues Museum von Weltrang eröffnet

Von Martin Bernstein

Unter offenbar strenger Geheimhaltung ist über die Zukunft des Vierschäftesaals in der Residenz entschieden worden. Noch vor Weihnachten wird dort eine neue Sammlung von Weltrang eröffnet. Auf die alten Ägypter, die im Sommer 2013 von der Residenz in ein eigenes Haus im Museumsviertel umzogen, sollen jetzt die nicht ganz so alten Großmeister der Spätrenaissance folgen. Finanzminister Markus Söder als Hausherr der Residenz wird in den frei gewordenen Räumen eine Sammlung von Großbronzen des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts eröffnen.

Dem Vernehmen nach wird es noch vor Weihnachten so weit sein. Einen offiziellen Termin will Carolin Mayr, Sprecherin des Finanzministeriums, noch nicht nennen. Die Aufbauarbeiten jedenfalls laufen erkennbar. Die Kunstmesse "Highlights", an die die Räume in den vergangenen drei Jahren jeweils vermietet waren, fand heuer ungewöhnlich früh statt, vom 28. Oktober bis zum 1. November.

Die Geheimniskrämerei, die seitens der offiziellen Stellen um Münchens neuestes Kulturmuseum gemacht wird, ist nicht neu. Unmittelbar nach dem Auszug der ägyptischen Sammlung hatte die für die Residenz zuständige Schlösser- und Seen-Verwaltung noch erklärt, sie werde "die freigewordenen Flächen nutzen, um Gartenfiguren und Bronzen aus der Residenz oder auch vom Wittelsbacherbrunnen und vom Grottenhof präsentieren zu können. Hier sind sie vor Umwelteinflüssen besser geschützt." Doch seither schwiegen die Verantwortlichen.

Dabei beschreibt ein im Frühjahr erschienener Kunstführer zu den Bronzen der Spätrenaissance in München bereits detailliert, was im Festsaalbau der Residenz künftig zu sehen sein wird: von Hubert Gerhard (1550-1620) Figuren vom Wittelsbacherbrunnen und vom Perseusbrunnen im Grottenhof, die Bavaria vom Hofgartentempietto und zwei der Wappenlöwen aus der Residenzstraße; von Carlo Palagio (1540-1600) zwei sitzende Satyrn, mehrere Putti aus dem Grottenhof, der Merkur aus dem Grottenhof und die beiden übrigen Wappenlöwen; von Hans Krumpper (1570-1634) die Patrona Bavaria von der Residenzfassade.

Die wichtigsten der Kunstwerke sollen im zentralen Vierschäftesaal präsentiert werden. Die Räume und der angrenzende Kaiserhof des Stadtschlosses entstanden genau in den Jahren, in denen München ein Zentrum der europäischen Bronzeplastik war.

Die Hofgarten-Bavaria? Die bei Touristen so beliebten Löwen? Der Perseus aus dem Grottenhof? Ja, wird denn dann an den Originalstandplätzen nicht etwas fehlen? Nein, denn was im Hofgarten und an der Residenzstraße zu bewundern ist, sind schon jetzt Kopien. Die Originale wurden in den vergangenen Jahren von ihren Standorten entfernt, um sie vor Umwelteinflüssen zu bewahren.

Einige der bronzenen Meisterwerke sind derzeit verstreut in den Innenräumen der Residenz aufgestellt. Die wird gerade für rund 61 Millionen Euro saniert, restauriert und weiter museal ausgebaut. Mehr als tausend weitere, zum Teil noch nie ausgestellte Kunstwerke werden nach Auskunft des Finanzministeriums von 2018 an den neuen Museumsbereich, der sich über vier Stockwerke erstrecken wird, "vor allem auch für internationales Publikum interessant machen".

Gerhard, Palagio, Krumpper: Was das Münchner Lenbachhaus für die expressionistische Malerei des frühen 20. Jahrhunderts mit Marc, Macke und Kandinsky ist, was die Alte Pinakothek für die Kunst des Barock von Rembrandt und Rubens ist - das werden die neuen "Bronzesäle" für die Bildhauerkunst der Zeit um 1600 sein. Die Besucher werden den bisher über die Stadt verstreuten, an Gebäudefassaden entrückten Meisterwerken und ihren Schöpfern buchstäblich nahe kommen können.

München war in der Spätrenaissance neben Florenz und Augsburg die Hauptstadt des Bronzegusses. In ganz Europa gab es nur wenige Könner, die diese Kunst beherrschten - und die Münchner Residenz war ihr Zentrum. Von Dezember an wird sie es wieder sein.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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