Neue Regierung in Bayern:Überrascht vom großen Coup

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Umweltminister Bernhard fliegt aus dem Kabinett, Spaenle wird Kultusminister. Münchner CSU-Chef ist tief enttäuscht, sein Stellvertreter überglücklich.

Berthold Neff und Monika Maier-Albang

München bleibt in Bayerns Kabinett mit einem Minister vertreten - aber mit einem neuen. Der CSU-Bezirkschef Otmar Bernhard muss seinen Posten als Umweltminister räumen und macht am Kabinettstisch dem Schwabinger Ludwig Spaenle Platz. Von dem neuen Kultusminister erhofft sich die Schulstadt München viel.

Bayerische Landtagswahl 2008: Otmar Bernhard (CSU)beim wählen. (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Die vom neuen Ministerpräsidenten Horst Seehofer vorgenommene Rochade verschlug der Münchner CSU am Donnerstag die Sprache. Eine Stellungnahme, so hieß es, werde es nicht geben. Offenbar ist der Münchner CSU-Chef Otmar Bernhard, der in seiner kurzen Amtszeit von einem Jahr als Umweltminister nach Einschätzung vieler Experten hervorragende Arbeit geleistet hat, tief enttäuscht, nun ausscheiden zu müssen.

Bernhard war nicht verborgen geblieben, dass Ludwig Spaenle in der letzten Zeit immer wieder zu verstehen gab, er fühle sich für einen Kabinettsposten berufen. Bernhard konterte damit, dass er gute Arbeit geleistet habe und immerhin Chef der Münchner CSU sei.

"Trau keinem über 60"

Nun aber ist der 62 Jahre alte Bernhard der Devise "Trau keinem über 60" des 59-jährigen Seehofer zum Opfer gefallen. Ludwig Spaenle sagte nach der Vereidigung zur SZ: "Ich kann zutiefst nachvollziehen, dass diese Entscheidung schmerzt, denn Otmar Bernhard hat ausgezeichnete Arbeit geleistet."

Ob mit dieser Personalentscheidung auch ein Machtwechsel an der Spitze der Münchner CSU verbunden, ließ Spaenle offen. Als erstes wolle er sich, sagt er, nun um sein neues Amt kümmern, "eines der interessantesten, aber auch schwersten im Freistaat Bayern". Die nächste Wahl steht im Frühjahr 2009 an. Bernhard führt die Münchner CSU seit 2004, Spaenle ist derzeit einer der Stellvertreter.

Die Rathaus-Grünen reagierten als erste auf Spaenles Ernennung. Die schulpolitische Sprecherin Jutta Koller sagte, sie rechne "fest damit, dass der Neue, der ja die Münchner Situation kennt, besser auf die Probleme des Münchner Bildungswesens eingehen wird". Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) sagte auf Anfrage, sie erhoffe sich von Spaenle neue Impulse, unter anderem auch die komplette Übernahme der Personalkosten an städtischen Schulen. Bisher zahlt das Land davon mehr als die Hälfte.

"Wir hätten uns von ihr oft mehr Einsatz gewünscht"

Wie die CSU bei der Wahl einer neuen Sozialministerinauf die frühere Generalsekretärin Christine Haderthauer gekommen ist, ist für die Wohlfahrtsverbände in München allerdings nur schwer nachzuvollziehen. "Hat die irgendeine Qualifikation außer dem S im Parteinamen?" - so lautet meist die erste Reaktion auf die Frage, was man sich von der Neuen erwarte. Wenn schon eine Neue im Sozialministerium, dann hätten sich die Verbände eher eine engagierte Ministerin wie Beate Merk gewünscht - aber die bleibt Justizministerin.

Christa Stewens aber muss gehen. Und so richtig viel Trauer darüber ist bei den Verbänden nicht zu spüren. "Wir hätten uns von ihr oft mehr Einsatz gewünscht", sagt Klaus Honigschnabel, Sprecher der Inneren Mission. Ob bei der Altenpflegeausbildung, wo Stewens versprochen habe, auch private Träger einzubinden oder beim Sozialbericht, den sie vor zwei Jahren angekündigt habe, auf den man aber bis heute warte. Und auch Caritasdirektor Hans Lindenberger hat einen Wunsch an die Neue. Er zitiert aus Haderthauers Homepage: "Zum Amt einer Generalsekretärin gehören klare Aussagen und deutliche Worte."

Die Caritas wünsche sich, so Lindenberger, dass Harderthauer "sich in genau dieser Weise für die Belange der Menschen einsetzt, für die sie als Sozialministerin die politische Verantwortung trägt".

© SZ vom 31.10.2008/reb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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