Neue Initiative:"Integration ist ein Marathon"

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Stadt und Jobcenter wollen jungen Flüchtlingen durch Bildung mehr Chancen bieten

Von Sven Loerzer

Um junge Flüchtlinge, die ohne Eltern eingereist sind, kümmert sich das Stadtjugendamt unmittelbar. Doch deren Zahl ist inzwischen mit rund 2600 deutlich geringer als die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die mit Eltern in den Einrichtungen der Erstaufnahme, in dezentralen Unterkünften und Gemeinschaftsunterkünften leben. Dort wachsen rund 4200 Kinder und Jugendliche auf. Sozialreferentin Dorothee Schiwy und Bildungsreferentin Beatrix Zurek wollen nun auch diese Kinder verstärkt unterstützen. "Es ist ein langer Weg vom Willkommen zum Ankommen", sagte Schiwy bei einem Pressegespräch, "und auch kein leichter."

Für eine erfolgreiche Integration sei ein "schneller Zugang zu Bildungseinrichtungen wie Krippe, Kindergarten, Schule und Jugendarbeit von herausragender Bedeutung", erklärte die Sozialreferentin. Da den Eltern das Bildungssystem fremd sei, bräuchten sie Unterstützung bei der Anmeldung von Kindern zu den verschiedenen Einrichtungen. An 54 Standorten von Flüchtlingsunterkünften baut die Stadt im Rahmen des "Aktionsplans für Flüchtlingskinder" entsprechende Unterstützungsangebote auf.

Auch der Freistaat hat kurzfristig ein Förderprogramm aufgelegt, wonach Kindertageseinrichtungen, die Kinder mit Fluchterfahrung und deren Familien betreuen, finanziell unterstützt werden. Aus diesem Topf, der für München 550 000 Euro im Restjahr umfasst, lässt sich beispielsweise das Erlernen der deutschen Sprache oder die Beratung und Fortbildung von pädagogischem Personal finanzieren. Zusätzlich plant das Sozialreferat mit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer, alternative Ausbildungsmodelle zu entwickeln und eine Unterstützung während der Ausbildung anzubieten.

Zurek sprach sich dafür aus, die Klassen für berufsschulpflichtige Flüchtlinge auszubauen. Eine zentrale Bildungsclearingstelle könnte außerdem garantieren, dass Flüchtlinge jeweils dem Bildungsangebot zugeordnet werden, das ihren individuellen Lern- und Bildungsvoraussetzungen am besten entspricht. Ziel sei außerdem, eine gesamtstädtische Strategie "Bildung und Sport für Flüchtlinge/Neuzugewanderte" zu erarbeiten.

Auch das Jobcenter München hat sich auf die besondere Situation eingestellt und die "Zentraleinheit Flüchtlinge" formiert. Der Geschäftsführerin des Jobcenters, Anette Farrenkopf, ist es ein großes Anliegen, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen. "Das ist der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit, eröffnet bessere Verdienstmöglichkeiten und Aufstiegschancen." Wirtschaft und Verwaltung müssten bei der Feststellung von Kompetenzen neue Wege gehen, forderte Farrenkopf, da die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge oft nicht mit dem deutschen System kompatibel sind. "Integration ist ein Marathon, kein Sprint", betonte Farrenkopf.

Auf dem Weg der Integration bräuchten die rund 12 000 Flüchtlinge in München Begleitung, gefragt seien daher Patenschaften oder Mentorenprogramme, erklärte Norbert Huber, Geschäftsführer der Caritas-Zentren und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtspflege. Die Caritas habe ihr Patenprogramm seit Beginn des Jahres von 20 auf 60 Schülerpaten erweitert. "Der Bedarf ist da, es können weitere Schüler- oder Familienpaten einsteigen, wenn sie wöchentlich regelmäßig zwei bis drei Stunden investieren können." Das Caritas-Team Bürgerschaftliches Engagement für Flüchtlinge kümmert sich zusammen mit den fünf Caritas-Freiwilligen-Zentren darum, Menschen ein persönlich passendes und sinnstiftendes Engagement nahezubringen. Seit Beginn des Jahres seien 640 Freiwillige beraten und vermittelt worden.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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