Münchner Szene:Keine großen Sprünge

Lesezeit: 2 min

Skateboarder Fabian Lang setzt sich mit seinem Verein für bessere Trainingsbedingungen ein - denn der Abstand hiesiger Fahrer zur Weltelite ist riesig

Von Julian Ignatowitsch, München

Der Skater trägt Anzug und Schlips. Er flirtet, es gibt Spaghetti und Wein. Schließlich küsst er sein Brett. In einem Internet-Video gibt sich der Münchner Fabian Lang selbstironisch. Spaß und Inszenierung gehören bei seiner Sportart dazu. Jetzt steht Lang auf seinem Brett im Skatepark an der Theresienwiese und zeigt, was er drauf hat: Slides und Grindes, Wheelies und Kickflips - so heißen die Tricks, die er entlang von kleinen Kästen, Geländern und Treppenstufen vorführt. Statt des feinen Zwirns trägt Lang Basecap und Kapuzenpulli, wie die meisten anderen Skater hier.

Bei der "Street League Skateboarding" auf dem "Munich Mash" wird man das am Samstag alles wieder sehen: sportliche Höchstleistung und prahlerische Selbstdarstellung. Lang ist auch da. Nicht als Teilnehmer wie vor drei Jahren, diesmal wird er das Spektakel für einen Radiosender kommentieren. Lang ist in München nach wie vor ein bekannter Name in der Szene, auch wenn er "seine Karriere quasi beendet hat", wie er sagt. Als Vorsitzender des Vereins Skateboarding München setzt er sich für die Belange der Skater ein.

Fabian Lang beim Training im Skaterpark auf der Theresienwiese. (Foto: Stephan Rumpf)

"München ist absolut eine Skaterstadt", sagt er. "Die Szene ist groß, dadurch, dass wir in der Mitte Europas liegen, sind wir auch international ein wichtiger Fleck auf der Skatemap." Ein Event wie der "Munich Mash" sei wichtig, um diesen Status zu behalten. Die meisten Münchner Skater sehen das mittlerweile so. Man hat sich mit der Show und Kommerzialisierung arrangiert, die Tage von Zigaretten, Bier und lauter Punkmusik auf den Skateplätzen sind ohnehin gezählt. "Viele der Skater sind heute über 30 und arbeiten als Lehrer, Ärzte oder Juristen", erzählt Lang. "Die gehen in ihrer Freizeit halt skaten statt mit dem Hund spazieren." Natürlich fahren auch weiterhin Kids, aber die werden heute mit aufwendig produzierten Videos der Stars groß, lernen die Tricks in Kursen und sehen Skateboarden als Sport und Lifestyle, nicht als Protest.

Sein Verein stößt auf Resonanz, "der offizielle Anstrich hilft dabei, ernst genommen zu werden", erklärt Lang. Tatsächlich hat sich in München in den vergangenen Jahren einiges verändert. Neue Skateparks, wie der auf der Theresienwiese oder im Hirschgarten, sind entstanden. Dabei wurde auf die Wünsche der Skater Rücksicht genommen, der Verein war bei der Planung beteiligt. Mittlerweile gibt es mehr als 30 Plätze im Raum München. Eine große Leerstelle bleibt aber: "Uns fehlt eine Skatehalle", sagt Lang. Bei diesem Thema wird Lang, der sonst so gelassen ist, schnell ungeduldig. "Die Konzepte liegen bei der Stadt, aber die bürokratischen Mühlen mahlen langsam. Eine Zusage haben wir weiterhin nicht."

Dass in diesen Tagen das Münchner "Gravity Lab" eröffnet, eine Halle für Freestyle-Sportler, macht den Bau eines weiteren Millionenprojekts im Bereich Actionsport nicht gerade wahrscheinlicher. Lang hat dazu eine klare Meinung: "Für uns ist das Gravity Lab weder Lösung noch Ersatz einer eigenen Halle." Zum einen sind die Parcours dort nur bedingt auf Skateboarder zugeschnitten, zum anderen kostet das Training Eintritt. "Wenn man regelmäßig fährt, ist man dort in der Woche schnell 100 Euro los. Wer soll und will das bezahlen?", fragt Lang. Es wird also weiter gestritten und debattiert, der Ausgang ist offen.

Solche Streitigkeiten zeigen dann auch, wieso Deutschland im weltweiten Vergleich weit hinterherfährt. Die Stars kommen aus den USA, Kanada, Brasilien oder Australien. Beim Skate-Wettbewerb des "Munich Mash" startet nur ein einziger Europäer, auch Wildcards für deutsche Starter gab es diesmal nicht. "Das lässt sich vom Niveau kaum vergleichen", sagt Lang. "Das Feld ist so elitär, zur Spitze besteht ein beträchtlicher Abstand." Er selbst hat das bei den X-Games 2013 erfahren. Eine "respektable Leistung", wie er es nennt, reichte nur zu einem Platz im hinteren Viertel neben seinen deutschen Mitstreitern. Als sogenannter Profi hat man es hierzulande schwer. Der Liebe zum Brett tut das keinen Abbruch.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: