Münchner Spedition:Gigaliner in der Sackgasse

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Die Münchner Spedition Ascherl erfährt aus Zeitung, dass sie Ziel der bis zu 25 Meter langen Gigaliner ist. Dabei ist der Betrieb für die riesigen Lastwagen gar nicht ausgelegt.

Anita Naujokat

Völlig überrascht worden ist die Spedition Ascherl von der Nachricht, in einem Feldversuch des Bundes künftig Ziel überlanger Lastwagen sein zu sollen. "Da wird ein Antrag genehmigt, aber ich als Empfänger und Adressat weiß nichts davon", sagt Erich Dahringer, Geschäftsleiter des Münchner Unternehmens an der Baubergerstraße.

Die maximal 25,25 Meter langen Lkw benötigen einen größeren Wendekreis - zu groß für die Spedition Ascherl. (Foto: dapd)

"Wir sind weder an dem Feldversuch beteiligt noch haben wir etwas initiiert und es ist auch nichts mit uns abgestimmt oder besprochen worden", versichert er. Dass die Baubergerstraße als Teststrecke für sogenannte Gigaliner-Lastzüge mit sechseinhalb Metern Überlänge - vorgesehen und genehmigt worden sei, habe er erst aus der Zeitung erfahren.

Peter Burghardt, Sprecher im bayerischen Innenministerium bestätigt, dass die Strecke von einer Spedition beantragt worden sei, um an Ascherl liefern zu können. Den Namen dürfe er aus Datenschutzgründen nicht nennen. Eine Anfrage auf ein Gespräch mit der SZ lehnte das Unternehmen ab.

Wie berichtet, verläuft durch Moosach die einzig vorgesehene innerstädtische Strecke für den Feldversuch im Großraum München. Sie soll von der Anschlussstelle Schwabing der A 9 über Petuel-, Georg-Brauchle-Ring, B 304 und Dachauer Straße in die Baubergerstraße führen. Fünf Jahre lang will der Bund testen, wie sich die 25,25 Meter langen Trucks (statt bisher maximal18,75 Meter) im Straßennetz auswirken.

Untersucht werden soll dabei auch, ob und wie es zur Entlastung von Umwelt und Güterverkehr beiträgt, wenn längere, dafür aber weniger Lastwagen unterwegs sind. In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind bereits Gigaliner unterwegs. Voraussichtlich vom Frühjahr an sollen auch in Bayern zunächst weitere 400 Groß-Lkw auf die Straßen geschickt werden. 210 Anträge wurden bayernweit geprüft, 51 Strecken, darunter die Moosacher, genehmigt.

Start- und Zielpunkt interessiert das Innenministerium als prüfende Landesbehörde nicht. Die Strecke in Moosach sei vom Kreisverwaltungsreferat der Stadt München eingehend untersucht und für geeignet befunden worden, sagt Ministeriumssprecher Peter Burghardt. "Wer am Anfang und am Ende davon sitzt, darum kümmern wir uns nicht."

Auch der Bezirksausschuss fühlte sich von den Plänen völlig überfahren. Die Mehrheit der Lokalpolitiker hält die Baubergerstraße als Wohn-, Geschäftsstraße, Schulweg und Ort von Kindertagesstätten und einem Seniorenheim für ungeeignet. Aufgeschreckt von einem SZ-Bericht hat das Gremium eine Anfrage an die Stadt gestellt. Unter anderem wollen die Lokalpolitiker wissen, warum sie nicht in die Entscheidung eingebunden worden seien. Ascherl-Firmenchef Erich Dahringer sagt, er habe ein sehr gutes Verhältnis zum Bezirksausschuss. Das würde er auch nicht aufs Spiel setzen. Hätte er irgendetwas gewusst, hätte er längst mit dem Gremium darüber gesprochen.

Wer besagte Spedition ist, darüber könne er auch nur spekulieren, sagt Dahringer. Bisher sei keines der fast 100 Unternehmen, mit denen er europaweit zusammenarbeite, an ihn herangetreten. "Für Gigaliner ist unser Betrieb gar nicht ausgelegt", sagt Dahringer. Ascherl, ein Unternehmen mit fast 65 Jahren Tradition, sei auf Sammelgut spezialisiert, das auf die jeweilige Gegend verteilt werde. Hof und Gelände seien für klassische Sattelschlepper mit einer Maximallänge von rund 18,5 Metern ausgerichtet. Er wisse auch gar nicht, sagt Dahringer, ob so ein Gigaliner überhaupt auf das Grundstück käme.

Ohne den Wendepunkt bei der Spedition Ascherl, dürfte jedoch kaum ein Fahrer mehr mit seinem Gigaliner aus der engen Baubergerstraße herauskommen. Es sei denn, er fährt den ganzen Weg rückwärts wieder zurück. Sollte die Spedition mit den Riesen-Trucks demnächst bei Ascherl anklopfen, sieht Dahringer nach dem derzeitigem Stand nur eine Möglichkeit: Nämlich so zu verfahren, wie es bisher schon Praxis für Longliner, auch EuroCombis genannt, sei - Lastzüge, die schon jetzt in Gewicht und Tonnen über den zulässigen Maßen liegen.

Diese müssten in der Regel vor Großstädten die Anhänger auf Parkplätzen abstellen, von wo aus die Fracht dann abgeholt werde. Doch damit bliebe der Feldversuch zumindest teilweise auf der Strecke.

© SZ vom 03.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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