S-Bahn-Stammstrecke:475 Einwände gegen einen zweiten S-Bahn-Tunnel

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Die Bahn plant den Ausbau der Stammstrecke, doch viele Bürger sind gegen das Projekt. Nun läuft die Frist für die Beschwerden ab. Die Finanzierung soll bis Ende des Jahres stehen.

Marco Völklein

Martin Runge hat sich richtig Arbeit gemacht: Auf 50 Seiten hat der Landtagsabgeordnete der Grünen alles zusammengeschrieben, was ihm nicht passt an der Planung für die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke. Der Nutzen des Projekts sei nicht belegt, findet Runge. Der Brandschutz sei mangelhaft, Fahrgäste aus dem Umland würden von zentralen Innenstadtstationen wie Stachus oder Rosenheimer Platz abgeschnitten. Und die von den Landtags-Grünen stets favorisierte Alternative, der Ausbau des Bahn-Südrings, sei systematisch schlecht gerechnet worden.

Volle Bahnsteige im S-Bahn-Bereich sollen durch den Ausbau der Vergangenheit angehören. Doch viele Bürger stehen dem Bau des zweiten Tunnels kritisch gegenüber. (Foto: dpa)

An diesem Mittwoch läuft die Frist ab, bis zu der Bürgerinnen und Bürger ihre Einwände gegen das Projekt vorbringen können. Derzeit läuft bei der Regierung von Oberbayern das Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt, der im Haidhauser Untergrund verlaufen soll. Nach Auskunft der Bezirksregierung sind bislang 300 Einwendungen eingegangen.

Fachleute, auch in der Stadtverwaltung, rechnen damit, dass die Zahl noch steigt - viele Einwender, so wie der Grünen-Politiker Runge, lassen sich Zeit bis zum letzten Abgabetermin. Als vor fünf Jahren die Bahn noch plante, den zweiten Tunnel weiter nördlich zu bauen und in ihren Planungen eine offene Baugrube in der Kirchenstraße vorsah, hatten etwa 600 Bürger Einwände gegen das Projekt vorgebracht.

Auch im Planungsreferat der Stadt München konnten die Bürger ihre Gegenargumente vorbringen. Dort sind nach Auskunft eines Sprechers bis Dienstag 175 Einwendungen eingegangen. Die Einwendungen leitet die Stadtverwaltung zusammen mit ihrer eigenen Stellungnahme, die vergangene Woche vom Stadtrat beschlossen wurde, an die Bezirksregierung weiter. Diese legt dann einen Erörterungstermin fest. An dem besprechen die Bürger zusammen mit der Bahn, Vertretern der Bezirksregierung, der Stadt und anderen Behörden die Einwände. Wann ein solcher Termin stattfinden wird, hat die Regierung noch nicht entschieden.

"Die Verhandlungen gehen gut und zügig voran"

Während die Planer nun den Tunnel vorantreiben, versucht die bayerische Staatsregierung Geld für den Bau aufzutreiben. Derzeit schätzen die Planer die Kosten auf 1,64 Milliarden Euro. Die wollen sich Bund und Freistaat teilen; der Bund zahlt 60 Prozent. "Die Verhandlungen gehen gut und zügig voran", heißt es aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium, das von FDP-Minister Martin Zeil geführt wird.

Eine Vereinbarung soll noch im vierten Quartal 2010 unterschrieben werden; 2011 könnten die Bagger rollen. Zuletzt hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die zweite Stammstrecke ins "Bundesprogramm 2010-2014" aufgenommen. Eine endgültige Finanzierungszusage ist das aber noch nicht. Tunnel-Skeptiker wie Runge glauben ohnehin nicht, dass der Freistaat die Finanzierung so schnell hinkriegt.

Auch in der Stadt regt sich nach wie vor Widerstand. Zuletzt hatte FDP-Fraktionschef Michael Mattar ein "Ratsbegehren" zu dem Thema angeregt. Er wollte die Münchner Bürger entscheiden lassen, ob sie den umstrittenen Tunnel haben wollen. Mattar hatte dabei auch auf die Erfahrungen aus Stuttgart verwiesen, wo Bürger seit Monaten massiv gegen die Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde protestieren - unter anderem auch mit dem Argument, man habe sie nicht gefragt. Die anderen großen Fraktionen im Münchner Rathaus lehnten Mattars Vorschlag jedoch ab.

Die Stammstrecke:

Die zweite S-Bahn-Stammstrecke soll am Leuchtenbergring im Tunnel verschwinden und in Laim wieder in das bestehende Streckennetz einfädeln. Haltepunkte sind am Ostbahnhof, am Marienhof und am Hauptbahnhof geplant. Befürworter verweisen darauf, dass mit dem neuen Tunnel das Nadelöhr alte Stammstrecke entlastet wird; zudem werde das Umland mit Express-S-Bahnen besser an die Stadt angebunden.

© SZ vom 13.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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