Ausstellung im Ägyptischen Museum:Knoten und Quarz fürs eigene Heil

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Amulette und Statuen: Das Ägyptische Museum zeigt in seiner Ausstellung Gemeinsamkeiten altägyptischen und bayerischen Aberglaubens.

S. Buchwald

Im Sommer glänzen die Nasen auf dem Schild der bronzenen Löwen an der Residenzstraße ganz besonders hell. Die Einheimischen, die im Vorbeigehen über die Löwenschnauzen reiben, wissen, warum sie es tun. Glück soll sie bringen, glauben die Münchner.

Austellung Isisblut und Steinbockhorn im Ägyptischen Museum in München Foto: oh (Foto: Austellung Isisblut und Steinbockhorn im Ägyptischen Museum in München Foto: oh)

Und die unzähligen Besucher aus Japan, den USA oder Italien, die die Geste nachahmen? Sie hoffen wohl intuitiv, dass dies so sein möge. Warum sonst stellen sie sich bisweilen hintereinander an, um an dem knubbeligen Metall ihre Hände zu reiben? Die meisten kennen solche Gepflogenheiten aus dem eigenen Kulturkreis. Denn es gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen, den Schutz von Mächtigen zu suchen, seien es Götter oder eben kraftstrotzende Löwen, die Stärke symbolisieren.

Seit Jahrtausenden vertraut man auch auf ausgewählte Materialien oder Gegenstände in gewissen Formen, um das Schicksal zu beeinflussen. Statuen, die vor Häusern aufgestellt oder Talismane und Amulette, die am Körper getragen werden, sollen Glück anziehen oder Übel abwenden. Nur ein paar Schritte von den bronzenen Löwen entfernt, im staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in der Münchner Residenz, beschäftigt sich derzeit eine Ausstellung mit genau diesem universellen Phänomen.

Der Titel "Isisblut und Steinbockhorn" impliziert bereits, dass es in der kleinen Schau um mehr gehen muss, als um kostbare Funde aus vergangenen Zeiten am Nil. 460 Ausstellungsstücke, größtenteils in Vitrinen durch dickes Glas geschützt, sind in der Sonderausstellung zu sehen.

85 Objekte davon stammen nicht aus dem Alten Ägypten, sondern aus dem Alpenraum, beigesteuert vom Bayerischen Nationalmuseum. Dessen Depots hätten noch weit mehr zu diesem Thema liefern können. Auch viel mehr aus dem Bereich der christlichen Symbolik. Doch der Platz in den zwei Ausstellungsräumen des Ägyptischen Museums lässt dies nicht zu.

Deshalb sei diese Ausstellung als Appetithappen zu mehr im neuen Bau an der Gabelsbergerstraße zu verstehen, erklärt Sylvia Schoske, Direktorin des Ägyptischen Museums. Zu sehen sind dennoch einige schöne Stücke - in Silber gefasste Korallen etwa, Quarze und aus Steinbockhorn geformte Amulette, die Unheil abhalten sollen.

Viele Materialien sind uns durchaus vertraut, auch wenn das Wissen um deren Bedeutung nicht mehr geläufig ist. Für Reinheit etwa steht Bergkristall, weshalb er für ein klares Augenlicht getragen wurde - oder wird. Hämatit, auch Blutstein genannt, wurde Soldaten mitgegeben, auch Hebammen hatten ihn zur Unterstützung in der Tasche. Das Horn des majestätischen Steinbocks, dessen gekochte Masse zu Herzen oder Talern geformt werden kann, wurde gegen epileptische Anfälle an die Kette gehängt.

Thematisch ist die Ausstellung in sechs Bereiche gegliedert. Im vorderen Teil des Saales findet man Heilgötter oder Zauberer, denen besondere Kräfte zugeordnet sind. Eine aus Stein gehauene Statue des Zauberers Seschen-Sa-Hathor ist hier beispielsweise zu sehen. Sie stammt aus der 12.Dynastie, etwa 1880 vor Christus.

Ein wichtiger Bereich der Ausstellung ist dem Schutz des Menschen vor Krankheit, Tod oder Krieg gewidmet. Das Knotenamulett "Isisblut" gehört dazu. Vom Sonnengott Re geknüpft, sollte es die Göttin Isis vor einer Fehlgeburt schützen. Die Farbe Rot soll die Wirkung verstärken.

Erotik, Fruchtbarkeit, Schutz in der Schwangerschaft und im Wochenbett sind ein weiterer wichtiger Bereich, sowohl bei den Alten Ägyptern als auch in unserem Kulturkreis. Hier sind Ketten aus Kaurimuscheln ausgestellt, phallusförmige Anhänger und eine Rarität aus unseren Breiten - ein gläsernes Wehenfläschchen, das hoffentlich in der Hand der Gebärenden über die Schmerzen der Geburt hinweg geholfen hat.

Zum Schutz in der Dunkelheit sieht man Kopfstützen mit eingeritzten Sprüchen. Im Schlaf soll Kontakt zu den Verstorbenen geknüpft und so das Diesseits positiv beeinflusst werden. Die Staatsmagie hatte im Alten Ägypten eine wichtige Funktion. Für das Wohl des Staates suchte der König die Hilfe der Götter. Ihr lässt sich außer dem Löwen nichts weiter aus Bayern gegenüberstellen.

Isisblut und Steinbockhorn. Amulette und Talisman in Altägypten und im Alpenraum. Bis 9.Januar 2011; Staatl. Museum Ägyptischer Kunst München, Residenz, Hofgartenstraße, Di. 9-12 Uhr, Mi.-Fr. 9-17 Uhr, Sa./So. 10-17 Uhr

© SZ vom 04.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Bilder der Ausstellungsstücke
:Götter und Gamskrickl

Amulette und Statuen aus Ägypten und im Alpenraum: Die Ausstellung im Ägyptischen Museum zeigt, dass sich die Kulturen in Sachen Aberglauben ähneln.

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