"München-West":Weit im Westen

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Treppe aufs Rollfeld statt Passagierbrücke: Auf dem Memminger Flughafen wird weniger Komfort geboten als auf internationalen Airports. (Foto: Allgäu Airport)

Der Allgäu-Airport in Memmingen lebt von Billigfliegern wie Ryanair, die in München nicht vertreten sind - bislang machen die Flughafenbetreiber aber Verluste

Von Stefan Mayr, Memmingen

Es gab Zeiten, da taufte der irische Billigflieger Ryanair seinen Zielflughafen Memmingen kurzerhand in "München-West" um. Das brachte der Airline viele Kunden, aber nach der 115 Kilometer langen Überraschungs-Busfahrt vom Allgäu in die Landeshauptstadt auch viel Ärger. Deshalb ist "Munich-West" inzwischen Geschichte. Auf seiner Internetseite wirbt Ryanair aber nach wie vor mit Flügen nach München. Wer auf den Link "19,60 € Rom nach München" klickt, landet dann bei der Verbindung Rom Ciampino - Memmingen. Abenteuerlich.

Dabei hat der Allgäu Airport im Vergleich zum Flughafen München schon auch Vorteile: Der Parkplatz ist viel billiger, die Wege sind viel kürzer, die Wartezeiten viel geringer. Der Privatflughafen in Memmingen bietet immerhin 28 Ziele in Europa an, diese werden neben Ryanair von weiteren Billig-Anbietern wie Wizz Air, Niki oder Sunexpress angeflogen. Jüngst kam noch die Regionalfluggesellschaft Intersky dazu, sie steuert Hamburg, Berlin und Köln an.

Der Allgäu Airport hat im Jahr 2007 den Passagier-Betrieb aufgenommen. Zuvor gehörte das Areal der Bundeswehr. Auf Bayerns drittgrößtem Flughafen ist vieles ganz anders: Während die Flugplätze in München und Nürnberg in staatlicher respektive kommunaler Hand sind, haben in Memmingen Privatunternehmer das Sagen. Die Allgäu Airport GmbH & Co. KG wurde von sieben Firmen aus der Region gegründet, heute hat sie 73 Gesellschafter. Allerdings haben diese bislang nur Verluste gemacht, daran änderte auch Ryanair mit seinem geografisch frechen Marketing nichts.

Derzeit hat die GmbH etwa 15 Millionen Euro Schulden, Ende 2014 stand sie kurz vor der Insolvenz. Nur ein kurzfristiger Zwischenkredit in siebenstelliger Höhe verhinderte den Absturz. Doch Geschäftsführer Ralf Schmid hat auch nach acht Jahren Kampf ums Existenzminimum seinen Zweckoptimismus nicht verloren. Rein operativ mache der Flughafen Gewinn, pflegt er zu sagen. Nur die Tilgung der Schulden treibe das Betriebsergebnis ins Minus.

Zuletzt verkündete er wieder schöne Zahlen: In den Sommerferien seien 170 000 Fluggäste in Memmingen gestartet oder gelandet. "Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Zuwachs von 15,5 Prozent", tönte er. Dass 2014 das Flugaufkommen wegen der Ukraine-Krise im Tiefflug war, sagt er nicht. Stattdessen verkündet er: "Das sind hervorragende Zahlen, die uns zeigen, der Airport ist aus der Verkehrsinfrastruktur der Region nicht mehr wegzudenken." Dabei nennt er voller Stolz eine Zahl, die in München nur ein müdes Lächeln auslöst: Am 11. August, dem Spitzentag des Sommers, seien in Memmingen sage und schreibe 4530 Fluggäste abgefertigt worden. Eine Passagier-Zahl, die in München wahrscheinlich von fast jeder einzelnen Rolltreppe getoppt wird.

Kann sich ein Flughafen mit solchem Passagier-Aufkommen jemals rechnen? Zumal es Experten gibt, die davor warnen, ausschließlich auf die Fluggast-Zahlen zu schauen. Es heißt, Billigflieger wie Ryanair setzten kleinere Flughäfen extrem unter Druck und zahlten nur sehr geringe Benutzungsgebühren, sodass den Airports nur minimale Gewinne blieben. Dieses Problem wird der Flughafen München wohl nicht haben; Im Gegensatz zu Memmingen ist er eben nicht auf jedes einzelne Flugzeug angewiesen.

Derzeit plant Ralf Schmid für 15,5 Millionen Euro einen Ausbau, der den Flughafen Memmingen wettbewerbsfähig machen soll. Hinter den Kulissen heißt es, falls die dritte Startbahn in München nicht kommen sollte, könnte der Allgäu Airport als Ersatzlösung herhalten. In jedem Falle hat der Freistaat schon zwölf Millionen Euro Zuschuss zugesagt; von einer künftigen Zusammenarbeit des Flughafens München mit Memmingen war ebenfalls schon die Rede. Es wäre wohl die Rettung für den Allgäu Airport. Und der Name München-West hätte wenigstens in organisatorischer Hinsicht seine Berechtigung.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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