Streit unter Konzertveranstaltern:Warum München-Ticket vor Gericht steht

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  • Die städtische Firma München Ticket hat in einem Prospekt für den privaten Konzertveranstalter München-Musik geworben - und steht deswegen jetzt vor Gericht.
  • Drei andere Veranstalter fordern eine Unterlassungserklärung.
  • Die Richterin am Landgericht MünchenI rechnet nicht mehr mit einer gütlichen Einigung. Am Ende könnte dann aber ein Verbot der Werbeangebote stehen.

Von Dominik Hutter

Emotionen gehören zur Musik, und so musste die Vorsitzende Richterin Barbara Clementi die Klägerbank gleich mehrfach um Ruhe bitten. Die dort sitzenden Konzertveranstalter hatten sichtlich Mühe, die Argumente der Gegenseite ohne spontane Kommentare hinzunehmen - es gehe um nicht weniger als die Lebensleistung ganzer Familien, betonte Rechtsanwalt Josef Nachmann. Um den Kundenstamm, den sich die Agenturen in Jahrzehnten aufgebaut haben. Tonicale-Chef Helmut Pauli spricht von Freunden und Sponsoren. Von jenem persönlichen Bekannten, der noch nie eine Karte bei München-Ticket gebucht hat, dann aber an seine Privatadresse einen Werbeprospekt des städtischen Ticketvertriebs erhielt - für Konzerte des Konkurrenten München-Musik.

Den Katalog mit fast 140 Konzertterminen hat München-Ticket im November an mehr als 100 000 Haushalte verschickt - das ist der Grund, warum sich die kommunale Ticket-Tochter und drei Konzertveranstalter nun vor dem Landgericht München I wiederfanden. Neben Tonicale zählen Bell'Arte und Europa-Classic zu den Klägern, die allesamt vor allem klassische Musik im Programm haben. Wie auch der Platzhirsch München-Musik, der offenbar rund 160 000 Euro für den Konzertkatalog bezahlt hat, der an die Kunden von München-Ticket verschickt wurde.

Hat ein Kartenverkäufer eigene Kunden?

Aber hat ein Kartenverkäufer überhaupt eigene Kunden? Richterin Clementi machte klar, dass sie dies für die entscheidende Frage hält. Und ließ gleich zu Anfang der Anhörung durchblicken, wozu sie tendiert: dies zu verneinen. Dann wären die Adressen Eigentum der Konzertveranstalter und dürften nicht mehr für lukrative Werbekataloge vermarktet werden.

Wobei unstrittig ist, dass München-Musik niemals Zugriff auf die Adressenlisten hatte, auf der alle Konzertfans stehen, die schon einmal eine Karte bei München-Ticket bestellt haben. Das städtische Unternehmen hat einfach als Auftragnehmer Prospekte über den eigenen Verteiler verschickt, ein ähnliches Angebot gibt es auch über E-Mail. Allerdings befinden sich in der Liste auch Daten, die die Veranstalter selbst eingespeist haben, betont Pauli. Weil sie selbst keine Kundenkartei führen und München-Ticket mit dieser Aufgabe betraut haben.

Stefan Dietlmeier, der Anwalt von München-Ticket-Chef Stephan Rusch, wehrte sich dagegen, den Kartenverkauf als untergeordnete Zuarbeit einzuschätzen. Immerhin sorge man dafür, dass ein Vertrag zwischen Zuhörer und Veranstalter zustande komme - und produziere mit dem Ticket ein Wertpapier. Insofern sei man keineswegs der verlängerte Arm der Veranstalter. Die ja das Werbeangebot ebenfalls in Kauf nehmen könnten, es stehe für jeden offen. Die Veranstalter dagegen beteuern, darüber nie informiert worden zu sein.

Die Richterin rechnet nicht mehr mit einer gütlichen Einigung

Die Verhandlung soll am 22. Januar fortgeführt werden. Richterin Clementi rechnet nicht mehr mit einer gütlichen Einigung. Allerdings müssten alle Beteiligten wissen, dass am Ende ein Verbot der Werbeangebote stehen könnte. Was dann auch die Kläger beeinträchtigen könne.

Die halten dies dennoch für die beste Lösung. Anders als andere Größen der Branche. Stimmen der Welt, Global Concerts, aber auch die Muffathalle, das Backstage und zahlreiche weitere Musikanbieter veröffentlichten am Donnerstag eine Solidaritätsnote für München-Ticket und dessen Geschäftsführer Rusch. Das jetzige Werbeangebot sei ein Mehrwert für die gesamte Branche - und müsse unbedingt erhalten bleiben.

© SZ vom 19.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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